Vor 1700 Jahren klärt das Konzil von Nizäa offene Streitfragen
Ein Ostertermin und ein Credo für alle
325 berief Kaiser Konstantin (270–337) das erste ökumenische Konzil nach Nizäa ein, einem Ort etwa 30 Kilometer vom damaligen Kaisersitz Nikomedia entfernt und gut zu Land und zu See erreichbar, um verschiedene Streitfragen klären zu lassen. Denn er wollte das Christentum zur vereinigenden Religion in seinem Reich machen.
Die 318 versammelten Konzilsväter fanden einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Osterfesttraditionen und legten das Osterdatum auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühlingstagundnachtgleiche fest. Falls dieses Datum auf den 14. Nissan fallen würde, sollte die Auferstehung Christi am darauffolgenden Sonntag gefeiert werden, um sich vom jüdischen Pessachfest abzugrenzen.
Mondzyklen und Frühlingsbeginn wurden nach ausgeklügelten Kalenderregeln berechnet. Der Patriarch der damalig wissenschaftlich führenden Weltstadt Alexandria in Ägypten teilte den Ostertermin jeweils den anderen Patriarchaten mit. Von Athanasios dem Grossen, Patriarch von Alexandrien (328–373), sind zahlreiche solche Osterfestbriefe überliefert worden. Er hatte selbst am Konzil von Nizäa als Diakon teilgenommen.
Doch der julianische Kalender stimmt nicht genau mit den astronomischen Bewegungen überein. Papst Gregor XIII. (1502–1587) verfügte daher 1582 für die katholische Kirche eine Kalenderreform und liess zehn Tage ausfallen, um die seit dem dritten Jahrhundert entstandene Verschiebung zu korrigieren. Die protestantischen Gegenden übernahmen nach und nach diesen gregorianischen Kalender. Viele der orthodoxen und auch einige katholische Ostkirchen feiern Ostern bis heute weiterhin nach dem julianischen Kalender, der mittlerweile 13 Tage gegenüber dem gregorianischen nachgeht, da die Jahre 1700, 1800 und 1900 im gregorianischen Kalender keine Schaltjahre waren.
Das östliche Osterfest fällt daher entweder auf das gleiche Datum wie das westliche – wie 2017, nun 2025 und das nächste Mal 2028 – oder wird eine, vier oder fünf Wochen später gefeiert. In der Verkündigungsbulle für das Heilige Jahr 2025 schreibt Papst Franziskus, dass der gemeinsame Ostertermin in diesem Jahr «als ein Aufruf an alle Christinnen und Christen in Ost und West verstanden werden möge, einen entscheidenden Schritt hin zu einer Einigung bezüglich eines gemeinsamen Osterdatums zu wagen».
Die Konzilsväter diskutierten am Konzil von Nizäa aber auch heftig über die christologische Frage nach der Natur von Jesus und seiner Stellung gegenüber Gott dem Vater und dem Heiligen Geist. Nach einer griechischen Ikone aus dem Mittelalter soll Bischof Nikolaus von Myra (zwischen 270 und 286–326, 345, 351 oder 365) gar dem alexandrinischen Priester Arius (260–327) auf dem Konzil
eine Ohrfeige gegeben haben. Der beim Volk beliebte Priester Arius geriet in Streit mit seinem Bischof Alexander. In seiner Verteidigung des Monotheismus vertrat er die Meinung, dass Christus nur von gottähnlicher Natur und geschaffen sei.
Auf dem Konzil obsiegte schliesslich die im heutigen Glaubensbekenntnis formulierte Lehre, dass der Sohn dem Vater wesensgleich ist: «Wir glauben […] an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, …».
Die arianische Krise war mit dem Konzil jedoch noch nicht zu Ende. Im italienischen Ravenna bezeugen prächtig ausgestattete Kirchen aus dem fünften Jahrhundert, wie orthodoxe und arianische Gemeinschaften nebeneinander wirkten. Arius selbst wurde nach dem Konzil verbannt. Nachdem er ein Bekenntnis zur Lehre des Konzils von Nizäa abgelegt hatte, erlaubte ihm Bischof Athanasios zurückzukehren. Doch er starb, bevor er wieder nach Alexandrien gelangte. Athanasios wurde mehrmals auf Drängen von Arianern ins Exil geschickt und verbrachte insgesamt 17 Jahre seiner Amtszeit in Trier, Rom und in der ägyptischen Wüste. Durch seine Schriften legte er die theologischen Grundlagen für die Inkarnations- und Trinitätslehre.
Hans Rahm