Alle Aktualitäten

15. Mai 2023

Spiritueller Impuls – Die Reise der Heiligen Familie nach Ägypten

Zeitgenössische koptische Ikone der Flucht der heiligen Familie nach Ägypten, gemalt im Nonnenkloster Deir-Tadros, Haret er Roum.

 

«Steh auf, Josef, und flieh»

Am 24. des koptischen Monats Bashon – nach dem gregorianischen Kalender der 1. Juni – feiert die koptische Kirche die Ankunft unseres Herrn und Heilands, Jesus Christus, in Ägypten. In der Bibel berichten die Evangelisten Mätthaus und Lukas über die Kindheit Jesu. Lukas schreibt über die Darbringung im Tempel, 40 Tage nach der Geburt, und die Begegnung mit dem greisen Simeon und der Prophetin Anna. Danach kehren die Eltern mit Jesus nach Nazareth zurück.

 

Matthäus erzählt im Kapitel 2, 13–15:

Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.

 

Der zornige Herodes lässt nun in Bethlehem und Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten. Über die Zeit und was die heilige Familie in Ägypten gemacht hat, berichtet Matthäus nichts, sondern fährt gleich mit der Rückkehr der Heiligen Familie von Ägypten nach Israel fort (Mt 2, 19-21):

Als Herodes gestorben war, siehe, da erschien dem Josef in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Steh auf Josef, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel; denn die Leute, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben, sind tot. Da stand er auf und zog mit dem Kind und dessen Mutter in das Land Israel.

 

Den ägyptischen Christinnen und Christen bedeutet der Aufenthalt von Jesus mit seiner Familie in ihrem Land sehr viel. An den Orten, die nach mündlicher Überlieferung durch den Aufenthalt der Heiligen Familie gesegnet wurden, wurden Kirchen und Klöster errichtet. Helena, die Mutter von Kaiser Konstantin, baute nicht nur in Jerusalem und Bethlehem Kirchen, sondern auch an verschiedenen Orten im Niltal, wo die heilige Familie sich aufgehalten hatte. Das Nonnenkloster St. Georg in Alt-Kairo hat 2016 die verschiedenen historischen Quellen in einem Buch «The Journey of the Holy Family to Egypt» mit reichen Illustrationen zusammengetragen.

Das erste Ziel der Flucht Josefs war demnach die Festung Babylon im heutigen Alt-Kairo. Dort lebten Verwandte der Familie Jesu unten den zahlreichen Jüdinnen und Juden um die nun Ben Ezra genannte Synagoge. Auf dem Weg vom Nord-Sinai durch das Nil-Delta musste Josef mit Maria und Jesus auf dem Esel mehrfach die Richtung ändern, um den Soldaten von Herodes auszuweichen. Die Bevölkerung verjagte sie, weil die Götterbilder in den Tempeln angesichts des
Jesuskindes zerbarsten, wie in Tel-Basta die Statuen der katzenköpfigen Bastet.

Über dem Raum, wo sich die Heilige Familie in Alt-Kairo mehrere Tage aufgehalten haben soll, wurde die Sergius und Bacchus-Kirche errichtet. Im südlichen Vorort von Kairo, Maadi, bestiegen die drei ein Segelboot, um nach Süden zu gelangen.

Am längsten – nämlich sechs Monate und zehn Tage – soll sich die heilige Familie in Oberägypten aufgehalten haben, wo heute das Moharraq-Kloster in der Nähe von Assiut steht. Dort soll Josef im Traum nach einer frühchristlichen Tradition vom Engel zur Rückkehr aufgefordert worden sein.

Gemäss dem Manuskript von Patriarch Theophilus aus dem 4./5. Jahrhundert dauerte die Reise insgesamt drei Jahre und sechs Monate. Auf den Spuren der Heiligen Familie hat die ägyptische Tourismusbehörde heute verschiedene Pilgerorte renoviert und für den Empfang von Touristinnen und Pilgern hergerichtet.

Hans Rahm

weiter lesen
21. Februar 2023

Hilfe nach Erdbeben – Unterstützen Sie unsere lokalen Partnerorganisationen in Syrien

©Andre Tedori/TawqMedia/Custody

 

Ein verheerendes Erdbeben hat die Türkei und Syrien erschüttert. Die Katastrophe hat unglaubliches Leid verursacht. Unzählige Überlebende haben alles verloren. Sie brauchen eine sichere Unterkunft, Nahrungsmittel, Wasser und medizinische Versorgung. Vor allem aber brauchen sie Mitgefühl und menschliche Wärme. Dafür stehen unsere Partnerorganisationen.

Hilfe nach Erdbeben
(QR-Einzahlungsschein zum Downloaden)

weiter lesen
6. Februar 2023

Nachruf – Christoph Klein ist tödlich verunglückt

Der freiberufliche Theologe Christoph Klein ist beim Bergsteigen in Patagonien bei einem tragischen Unfall am 19. Dezember 2022 ums Leben gekommen.
Der freiberufliche Theologe Christoph Klein ist beim Bergsteigen in Patagonien bei einem tragischen Unfall am 19. Dezember 2022 ums Leben gekommen.

 

Der Schweizerische Heiligland-Verein trauert um sein langjähriges Mitglied und freien Mitarbeiter Christoph Klein (48). Der freiberufliche Theologe ist beim Bergsteigen in Patagonien bei einem tragischen Unfall am 19. Dezember 2022 ums Leben gekommen. Christoph kam regelmässig zu unseren Generalversammlungen, er nahm als Berichterstatter an unseren Projektreisen teil und er reiste in unserem Auftrag in die Länder des Nahen Ostens, wo er in spannenden Video­beiträgen einige unserer Projekte dokumentierte. Danke, Christoph, für deine unkonventionellen Ideen und deinen Mut, mit denen du dich für die Menschen im Nahen Osten eingesetzt hast. Wir wünschen seiner Frau und seinen drei Töchtern viel Kraft und Vertrauen für den Abschied von ihrem Partner und ihrem Vater.

weiter lesen
30. Januar 2023

Pfarrer Dr. Leo Häfeli – Pionier der Gründerzeit des Heiligland-Vereins

Der «Verein Schweizerischer Jerusalempilger» verhalf dem späteren Stadtpfarrer von Baden zu seiner ersten Forschungsreise ins Heilige Land. Eine Seminararbeit beleuchtet DDr. Leo Häfeli (1885-1948), sein Leben und sein Wirken – ein hochbegabter «Orientalist» und eine spannende Persönlichkeit aus den Anfängen des Schweizerischen Heiligland-Vereins.

DDr. Leo Häfeli (1885-1948)

Am 18. April 1885 kam im aargauischen Klingnau der kleine Leo zur Welt. Über seine Kindheit und Jugend «in bürgerlichen Verhältnissen» ist wenig bekannt – sicher aber ist, dass der begabte Junge das Gymnasium mit Auszeichnung abschloss. Danach folgte das Theologiestudium in Freiburg im Breisgau und in Tübingen. Bereits mit 23 Jahren wurde Leo Häfeli zum Priester geweiht und trat seine erste Stelle als Pfarrhelfer in Bad Zurzach an.

Sprachgenie mit zwei Doktortiteln

Neben seiner kirchlichen Laufbahn als Priester und Seelsorger war Häfelis Leben aber stets ebenso stark bestimmt von seiner Faszination und Leidenschaft für die Sprachen und Kulturen des «alten Orients». Hervorragende Kenntnisse in Arabisch, Assyrisch, Griechisch, Hebräisch und Syrisch sowie kompetenten Gebrauch von Latein, Englisch und Französisch attestiert ihm Damian Troxler in seiner Seminararbeit, die er im Sommer 2022 am Departement für Zeitgeschichte der Universität Fribourg eingereicht hat. Da verwundert es nicht, dass Leo Häfeli nach seiner Pfarrhelfer-Zeit gleich zwei Doktortitel erworben hat: in Philosophie in Tübingen und in Theologie in Freiburg im Breisgau. Seine ersten Publikationen befassten sich mit Samaria und Peräa. Häfeli forschte und schrieb über diese Landstriche im «Heiligen Land», ohne je dort gewesen zu sein.

Ein grosser Traum geht in Erfüllung

Dass der junge Geistliche längst von einer ausgedehnten Forschungsreise in den Nahen Osten träumte, lässt sein Wechsel ans Päpstliche Bibelinstitut in Rom erahnen. Leider zerschlugen sich die weit gediehenen Pläne bald durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges – der Schweizer musste in seine Heimat zurückkehren, wo er als Pfarrer in Würenlos wirkte. Schliesslich verhalf ihm ein vom «Verein Schweizerischer Jerusalempilger» – dem heutigen Heiligland-Verein – vermitteltes Stipendium zur ersten Reise «nach dem Morgenlande», wie Häfeli in seiner Publikation «Ein Jahr im Heiligen Land» begeistert und dankbar festhielt: «…dass es mir vergönnt war, … meine seit bald zwanzig Jahren betriebenen orientalischen Studien fast ein ganzes Jahr lang durch unmittelbaren Augenschein zu vertiefen…»

Auch Vermittler zwischen den Kulturen

Nach diesem «Forschungsjahr» folgten einschlägige Publikationen im Jahrestakt – etwa über Cäsarea am Meer, Flavius Josephus, Syrien und den Libanon. Häfelis Forschungen erregten über Europa hinaus Aufmerksamkeit und brachten ihn schliesslich als Privatdozent an die Universität Zürich. Nun mehr als – ebenso geschätzter und umtriebiger – Stadtpfarrer von Baden dozierte er in Zürich Syrisch, Palästinensisch-Arabisch und über die Kultur des Heiligen Landes zur Zeit Jesu. Damian Müller zeigt schlüssig auf, dass Leo Häfelis Sicht auf Länder und Menschen des Nahen Ostens nicht vorschnell mit dem negativen Etikett «Orientalismus» (stereotype, westlich «beschränkte» Wahrnehmung der kulturellen Vielfalt) abqualifiziert werden darf. Dass das Urteil differenzierter ausfallen muss, beweisen die Zeilen der Israelitischen Kultusgemeinde Baden über den allzu früh verstorbenen Stadtpfarrer: «… dessen Menschenliebe und Herzensgüte keinen Unterschied unter den Konfessionen kennt».

 

Boris Schlüssel

 

weiter lesen
21. November 2022

Damit die Novizinnen in Ksara nicht frieren

Die Schwestern von Jabboulé bitten um unsere Hilfe. Sonnenkollektoren auf ihrem Novizinnenhaus in Ksara in der Bekaaebene sollen die teure Stromheizung und den Dieselgenerator ersetzen. Die Solaranlage könnte innerhalb eines Monats montiert werden und kostet 5‘500 US-Dollar.

Novizinnenhaus in Ksara

Im Novizinnenhaus in Ksara gibt es eine Stromheizung und einen Dieselgenerator. Der libanesische Staat versorgt das Dorf in der Nähe von Jabboulé in der Bekaaebene jeweils zwei Stunden am Tag und zwei Stunden in der Nacht mit Strom. Nun in dieser Zeit können die Schwestern dieses Gebäude, in dem drei Schwestern und drei Novizinnen leben, mit kleinen Stromgeräten beheizen. Ansonsten sind sie auf einen mit Diesel betriebenen Generator angewiesen, für der sie sehr viel Geld kostet.

Novinzinnenmeisterin mit Novizinnen

Das Haus widmet sich fünf Hauptaufgaben: die theologische Ausbildung des Ordensnachwuchses, die liturgische und spirituelle Ausbildung von Schwestern aus der Gemeinschaft sowie die liturgische und pastorale Animation in den benachbarten Pfarreien. Im Erdgeschoss führen die Schwestern einen kleinen Laden, wo sie Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs zu günstigen Preisen an die lokale Bevölkerung verkaufen.

Die Solaranlage, die innerhalb eines Monats montiert werden könnte – die kälteste Zeit im Libanon ist in den Monaten Februar bis März -, würde die Lebensbedingungen der Schwestern deutlich verbessern und ihre finanzielle Situation entlasten.

Andreas Baumeister

Spenden

weiter lesen
22. August 2022

Eine erfolgreiche Iniative in Aleppo

Vor zwei Jahren lancierten wir zusammen mit unserem italienischen Partner „Pro Terra Sancta“ das Projekt „Ein Name – eine Zukunft“. Das Projekt setzt sich für Kinder und ihre Mütter im immer noch stark zerstörten Ostteil von Aleppo ein. Annalisa Greco berichtet, wie die Hilfe des Schweizerischen Heiligland-Vereins eingesetzt werden konnte.

 

Im Osten Aleppos, in den Gebieten Al Shaar und Karm Al Duddou, wurden zwei Betreuungszentren für Kinder eingerichtet, die zu Waisen wurden oder von Frauen geboren wurden, die während der Kontrolle des Gebiets durch dschihadistische Milizen vergewaltigt und missbraucht wurden. Nach der Befreiung von Aleppo wurden viele dieser Frauen von ihren Familien verstossen und ihre Kinder, um einen Skandal zu vermeiden, nicht beim Standesamt angemeldet. Trotz ihrer Armut, ihres prekären psychischen Zustands und ihrer sozialen Isolation erhalten diese Frauen und ihre Kinder, die als Kinder der Sünde angesehen werden, keinerlei Unterstützung vom Staat. Sie sind ausgegrenzt und benötigen nebst Nahrungsmitteln auch psychologische und soziale Unterstützung. An sie richten sich die Angebote in den neu eingerichteten Betreuungszentren.

Hier erhalten sie Hilfe zur rechtlichen Rehabilitierung sowie Unterstützung, damit ihre Kinder in das öffentliche Schulsystem integriert werden können. 2021 besuchten mehr als 3 000 Kinder die Zentren und rund 350 Frauen wurden beraten. Die Zahl der Hilfeersuchenden nimmt jedoch weiter zu. Das Ziel für 2022 ist daher die Eröffnung eines dritten Zentrums in Ost-Aleppo, um eine noch grössere Anzahl von Kindern und Müttern erreichen zu können.

 

Angebote in den Betreuungszentren

Auch dank der Unterstützung des Schweizerischen Heiligland-Vereins konnten in den beiden Zentren Kinder und Mütter psychologisch und pädagogisch betreut werden. Ausserdem konnten eine Alphabetisierungskampagne, Schulwiedereingliederungskurse und Arabischunterricht für Kinder durchgeführt werden.

Annalisa Greco, Mailand

Zum Beispiel

Amira – 10 Jahre alt

Nach einer langen Krankheit ihres Bruders, der ein Jahr älter ist als sie, begann Amira unter chronischen Angstzuständen zu leiden, die von häufigen Panikattacken und anhaltenden Weinkrämpfen begleitet waren. Als das Mädchen in unser Zentrum eintrat, litt es unter Schwindel, war unfähig seine Gefühle auszudrücken und sprach mit niemandem ausserhalb ihrer Familie. Nach sechs Monaten Sitzungen mit Psychologen und der Teilnahme an unseren Aktivitäten wird Amira nicht mehr von negativen Gedanken gequält und ist in der Lage, ihre Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken.

Manal – 45 Jahre alt. Mutter von neun Kindern

Als Manal in unser Zentrum aufgenommen wurde, konnte sie nicht einmal einen Stift halten und behauptete: «Ich bin zu alt, um etwas zu lernen.» Trotzdem beschloss Manal, einen Alphabetisierungskurs zu besuchen. Sie übte täglich zusammen mit anderen Frauen und nach einem Jahr konnte sie lesen und schreiben. Jetzt beginnt für sie ein neues Leben, da sie nun ihre Kinder beim Hausaufgaben machen unterstützen kann. Unter Tränen berichtet sie uns, dass sie zum ersten Mal einen Bus nehmen konnte, ohne Passanten um Hilfe bitten zu müssen.

Shahd – 20 Jahre alt

Aufgrund des Krieges musste Shahd in der vierten Klasse die Schule abbrechen und hatte dadurch nicht einmal die Mindestkompetenzen im Rechnen, Schreiben und Lesen erreicht. Durch den Besuch unseres Zentrums schaffte sie den Alphabetisierungsnachweis und konnte wieder den regulären Schulunterricht besuchen. Heute geht sie in die High School und wird in einem Jahr ihren Abschluss machen.

weiter lesen
3. Juni 2022

Wir brauchen ein neues Pfingsten – die syrische Gesellschaft in der Krise

12 Jahre Krieg haben die syrische Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttert. Dabei zeigen sich drei Hauptopfer dieses unsäglichen Konflikts: die Familien, die Jugend und die Kirche.

Der maronitische Erzbischof von Damaskus,
Samir Nassar fordert ein neues Pfingsten

Zerstörte Familien: Die Keimzelle Familie, die unser Land immer wieder gerettet hat, hat ihre zusammenhaltende Funktion verloren. Familien sind zerstreut. Immer mehr  alte Menschen werden nicht mehr von ihren Familien geschützt.  Können Familien, die seit zwölf Jahren gegen den Strom rudern und durch die fundamentale Krise geschwächt sind, noch ihre ursprünglichen Aufgaben erfüllen?

Geschwächte Jugend: Einst die treibende Kraft unserer Gesellschaft, sind diese jungen Menschen heute arbeitslos, auf der Flucht im Ausland oder im Militärdienst. Die Flucht von zahlreichen jungen Leuten hinterlässt Lücken, die nicht zu schliessen sind. Die Abwesenheit der Jugend erschwert den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Ein akuter Mangel an Arbeitskräften schwächt die kollabierte, lokale Wirtschaft weiter. Wie können wir das Überleben eines Landes sichern, das seiner aktiven Kräfte beraubt ist? Wie kann man mit einer so lähmenden Situation, wie sie heute in Syrien herrscht, umgehen?

Eine in Frage gestellte Kirche: Taufen und Hochzeiten werden immer seltener. Der schwindelerregende Rückgang in der Nachfrage nach Sakramenten ist seit fünf Jahren spürbar. Die Abwesenheit der Jugendlichen wirkt sich negativ auf das Pfarreileben aus. Der deutliche Rückgang des sonntäglichen Gottesdienstbesuchs, der Rückgang der Nachfrage nach katechetischen Angeboten, weniger Erstkommunionfeiern und abnehmende pastorale Aktivitäten führen auch dazu, dass unsere Priester, die nur noch einen Minimaldienst leisten, abwandern und entmutigt werden.

Diese fundamentalen Veränderungen laden dazu ein, die traditionelle Pastoral zu hinterfragen. Mitte März 2022 fand in Damaskus ein von der Apostolischen Nuntiatur und der Kongregation für die Orientalischen Kirchen organisiertes Symposium über die Soziallehre der Kirche statt, um die Angst zu überwinden und Hoffnung zu wecken. Eine so alte apostolische Kirche wie wir, die sich in der Tradition eingerichtet hat, ist aufgerufen, den Schritt zu einer neuen Form des christlichen Zeugnisses zu wagen. Wir vertrauen auf den Geist, der allein ein neues Pfingsten entfachen kann. Komm Geist des Lichts

+ Samir NASSAR

Maronitischer Erzbischof von Damaskus

weiter lesen
24. Mai 2022

Dauerkrise im Libanon bedroht katholische Privatschulen

Die anhaltende Wirtschaftskrise, die Pandemie, die Explosion im Hafen von Beirut und nun eine Nahrungsmittelkrise erschüttern den Libanon. Viele Menschen leiden unter diesen Ereignissen. Die dramatische Lage betrifft auch unsere Partner, die Schulen führen. Soeur Maguy Adabashy, in Beit Habbak und Père Maroun Ghafari in Alma-Chaab bitten um unsere Hilfe.

Die Schule in Beit Habbak

Das College of the Girl of Lebanon ist eine katholische Schule in Beit Habbak, in einer ländlichen Gegend. Die Schule finanziert sich mit einem Schulgeld, das zur Hälfte von den Eltern und zur Hälfte vom Staat bezahlt wird, der allerdings seit fünf Jahren seiner Verpflichtung nicht mehr nachkommt. Nur dank Spenden, Patenschaften und Unterstützung durch Dritte kann der Schulbetrieb aufrechterhalten werden.

Die Grundschule in Alma-Chaab

Die private katholische Grundschule von Alma-Chaab wird von der Kongregation der Maronitenschwestern von der Heiligen Familie geführt. Diese Privatschule wird nicht vom libanesischen Bildungsministerium unterstützt. Der Schulbetrieb finanziert sich allein durch Elternbeiträge sowie durch Spenden. Das öffentliche und private Bildungswesen ist seit Oktober 2019 bedroht. Eltern müssen Land, Häuser oder anderen Besitz verkaufen, um das Schulgeld ihrer Kinder zu bezahlen. Lehrpersonen können nicht bezahlt werden, weil das Schulgeld nicht reicht. Die Generaloberin erklärt: «Unsere Schule kann nicht mehr lange ohne zusätzliche Unterstützung überleben.».

Der wahre Reichtum im Libanon ist die Bildung. Unterstützen Sie unsere katholischen Privatschulen in Beit Habbak und in Alma-Chaab, damit unsere Türen auch nach den Sommerferien offen bleiben können.

Soeur Maguy Adabashy, Beit Habbak/ Père Maroun Ghafari, Alma-Chaab

 

Spendenvermerk: Schulen im Libanon

 

 

weiter lesen
15. Februar 2022

Interview mit Sr. Hoda Tannoury

Dieses Jahr stellen wir Menschen näher vor, mit denen wir in den Ländern des Nahen Ostens zusammenarbeiten. Heute im Gespräch mit Schwester Hoda Tannoury, die zur «Congrégation de Notre Dame du Bon Service» gehört und sich als «Secrétaire Générale» auch um die Beziehung zum Schweizerischen Heiligland-Verein kümmert. Wir geben das vollständige Interview mit Sr. Hoda wider.

 

Sr. Hoda, woher kommen Sie?

Ich bin Libanesin aus dem kleinen Dorf Qaa el Rim in den Sanine-Bergen, 15 Minuten von Zahlé entfernt. Ich bin das jüngste von acht Kindern. Meine Familie ist tief gläubig und ich habe eine leibliche Schwester, Schwester Melanie, die in derselben Kongregation wie ich ist.

Warum haben Sie sich für das Ordensleben entschieden? 

Seit meiner frühen Kindheit hat mich das Wort Gottes sehr berührt.  Es entsprach meinem tiefen Wunsch und drückte meine Vision und meine Werte aus.  Als ich zwölf Jahre alt war, trat meine Schwester Melanie in einen Orden ein. Später orientierte ich mich an ihrer Wahl und trat in die gleiche Gemeinschaft ein.

Warum sind Sie bei den Schwestern von Notre-Dame du Bon Service eingetreten?

Ich mochte meine Schwester Melanie sehr und besuchte sie von Zeit zu Zeit. Während dieser Besuche beobachtete ich die Schwestern. Sie lebten in Einfachheit in einer armen Gegend und widmeten sich den Menschen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Ihre Beziehungen in der Gemeinschaft waren fröhlich und unkompliziert.

 Wie war Ihr Weg innerhalb der Gemeinschaft?

Während meines Noviziats führte mich mein erster Auftrag dazu, eine Mitschwester in der Kindertagesstätte in Jdeideh, einem Dorf in der Nähe von Jabouleh, zu unterstützen, wo ich fünf Jahre lang blieb.

Danach wurde ich ausgesandt, um den Paulistenpatres in Harissa zu helfen.  Ich nutzte diesen Einsatz, um meinen Master in Theologie zu machen. Seit meinem Noviziat hatte ich davon geträumt, mein Wissen über die Wurzeln der Kongregation zu vertiefen, indem ich die Manuskripte unseres Gründers, Bischof Joseph Maalouf, studierte. Dieser Masterstudiengang bot mir die Gelegenheit dazu und ich schrieb meine Doktorarbeit über die Geschichte und das Charisma der Kongregation von N-D du Bon Service. Anschliessend arbeitete ich vier Jahre lang in unseren beiden Schulen in Jabouleh und Jdeideh.

Dann schickte mich meine Oberin auf einen Einsatz im Seminar der Heiligen Anna in Raboueh und bat mich, diesen mit einem Studium für einen Master in Schulverwaltung zu verbinden. Im Jahr 2016 bat Seine Exzellenz, Bischof Gabriele Caccia, Apostolischer Nuntius im Libanon, um meine Mitarbeit als Sekretärin in der Nuntiatur. Dieser Einsatz dauerte drei Jahre und ich habe dort viel gelernt. Bischof Caccia ist ein grosszügiger und mitfühlender Mensch. Seit September 2019 unterstütze ich unsere Generaloberin, Mutter Jocelyne, bei der Leitung der bischöflichen Schule in Jabbouleh. Im Februar 2020 wurde der Libanon, wie die ganze Welt, von der Coronapandemie getroffen. Wir waren gezwungen, die Schule zu schliessen. Diese Katastrophe bot mir die Gelegenheit, mich als Generalsekretärin unserer Kongregation einzusetzen.

Welche Aufgaben haben Sie heute als Generalsekretärin?

Während meiner Tätigkeit in der Nuntiatur von 2017 bis 2019 beschränkte sich meine Aufgabe als Generalsekretärin auf die Teilnahme an den Sitzungen des Generalrats und das Führen der Sitzungsprotokolle. Ich war ein Neuling auf diesem Gebiet und mein Beitrag war sehr bescheiden. Mit der Covid-Krise im Februar 2020 hatte ich Zeit und mit der Hilfe von Sr. Ranine organisierten wir das Archiv, indexierten alle Dokumente der Kongregation von den Anfängen bis heute und druckten Ordner für die Ablage aus.  Unser Archiv sieht jetzt richtig gut aus! Wie Sie sehen, liegt in allem etwas Gutes und wir können aus allem, was uns widerfährt, etwas Gutes ziehen. Derzeit bin ich als Generalsekretärin zuständig für: für alle offiziellen Dokumente der Kongregation; für die Ablage und Archivierung der Dokumente von Mutter Jocelyne Joumaah; für das Dossier von jeder Ordensschwester, jeder Mission und jeder Gemeinschaft der Kongregation; für die Protokolle der Sitzungen des Generalrats und schliesslich für das Verfassen der Post der Generaloberin, der regelmässigen Anweisungen und Rundschreiben der Generaloberin an die Mitglieder der Kongregation sowie für unsere Ausenbeziehungen.

Würden Sie bitte ein paar Worte über die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Verein des Heiligen Landes äussern? Wie würden Sie diese Beziehung und unsere Zusammenarbeit beschreiben?

Vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, meine Sicht gegenüber dem Schweizer Verein des Heiligen Landes zum Ausdruck zu bringen. Zunächst möchte ich allen Mitgliedern des Schweizer Vereins des Heiligen Landes meine Dankbarkeit für ihre Treue, die Unterstützung unserer Mission und die Transparenz unserer Beziehungen zum Ausdruck bringen. Ich möchte auch die Freude, die wir erleben, mit Ihnen teilen. Sie ist die Frucht dieser Zusammenarbeit und ein Zeichen der Gegenwart Gottes. Es ist der göttliche Geist, der Frau Elisabeth Janssen dazu bringt, Mutter Jocelyne zum richtigen Zeitpunkt zu kontaktieren und sie um das zu bitten, was sie braucht. Es ist fast so, als würden Sie unsere Bedürfnisse aus der Ferne spüren. Ihre Mitarbeit ist eine lebendige Teilnahme an der Mission unserer Kongregation. Kurz gesagt: Ihre Unterstützung spornt uns an und bringt uns dazu, unseren Auftrag trotz aller Widrigkeiten und unter sehr schwierigen Umständen weiterzuführen.

Können Sie die derzeitige Situation im Libanon beschreiben, insbesondere für Sie, die Schwestern, und all die Menschen, mit denen und für die Sie leben?

Da ist zunächst einmal das, was wir derzeit ganz konkret erleben, nämlich der schwere Wintersturm, der den Libanon heimsucht. Für viele unserer Mitbürger ist er lebensbedrohlich, denn die meisten von ihnen können es sich nicht leisten, zu heizen. Der Preis für Heizöl ist unerschwinglich. Während ich Ihnen schreibe, werden mir in meinem Büro die Finger vor Kälte taub, weil ich den Heizlüfter nicht einschalte, um unsere Vorräte so weit wie möglich zu schonen. Die Gesundheitskrise belastet das Bildungswesen schwer. Innerhalb von drei Jahren ist das Bildungsniveau unserer Schülerinnen und Schüler stark gesunken. Sie benutzen abgegriffene Bücher, kommen nicht regelmässig zur Schule und die Eltern sind nicht in der Lage, das Problem zu verstehen und darauf zu reagieren. Medikamente sind zu Luxusgütern geworden, die niemand mehr kaufen kann, weil sie so teuer sind. Am schlimmsten ist jedoch die allgemeine, schlechte Lage, diese beispiellose Wirtschaftskrise, die das ganze Land erfasst hat.  Unsere politischen Institutionen liegen am Boden und sind unfähig, sich wieder zu erholen. Um einen Dollar zu kaufen, muss man 32.000 libanesische Pfund ausgeben. So lebt 80 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze und für viele von uns wird eine Packung Brot zu einem teuren Geschenk. Bei uns in Jabbouleh kommt es häufig zu längeren Stromausfällen. Warmes Wasser ist ein seltenes Gut. Nur der Aufenthaltsraum ist ständig beheizt. Der Rest des Klosters wird eine Stunde am Mittag und eine Stunde am Abend geheizt. Wir passen unsere Arbeit und unser Leben den Umständen an: je nachdem, ob das Internet oder der Strom ausfällt, oder ob die Preise jeden Tag steigen.

Haben Sie Wünsche und Träume für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass die Führer unseres Landes, sich zu Gott umwenden und im Licht seines Geistes nach Lösungen für die Probleme des Landes suchen. Dass alle Libanesinnen und Libanesen an menschlichen Werten festhalten und gewissenhaft handeln. Möge unser Bildungsauftrag unter günstigeren Umständen fortgesetzt werden können. Ich träume davon, dass ich auf der Höhe unseres Charismas leben kann, dass ich die Freude Christi ausstrahlen kann, wo immer ich bin. Möge die Nächstenliebe in unseren Herzen herrschen und jeder von der Güte Gottes kosten.

Was erwarten Sie von uns, den Brüdern und Schwestern in der Schweiz?

Sie haben immer ein offenes Ohr für den Schrei der anderen. Wir sehen darin ein Zeichen Ihrer Offenheit und Ihrer Bereitschaft, Schwierigkeiten zu begegnen. Bewahren Sie diesen Geist, der der Geist Gottes ist. Halten Sie die Flamme am Brennen und geben Sie sie weiter. Bleiben wir vereint im Gebet und im Dienst für Gott und sein Volk.

Das Gespräch mit Sr. Hoda Tannoury führte Boris Schlüssel.

weiter lesen
8. Februar 2022

Christinnen und Christen in Syrien und im Libanon

Sie wird immer wieder totgesagt, und natürlich steht sie schweren Herausforderungen gegenüber: Doch die christliche Gemeinschaft in Syrien und im Libanon lebt! Ein Reporter von Radio Vatikan, Jean-Charles Putzolu, ist nach Damaskus, Aleppo, Hassaké, Homs und Beirut gereist, um die Kirche im Zweistrom- und im Zedernland zu besuchen. Die Radio-Akademie von Radio Vatikan bietet ungewöhnliche Einblicke in zwei Länder, die von Krieg und Krise geprägt sind.

Messfeier in einer Kirche in der syrischen Provinz Hassaké

weiter lesen

Teilen Sie diese Seite