Schweizerischer Heiligland-Verein
Association suisse de Terre Sainte
Associazione svizzera di Terra Santa
Swiss Holy Land Association
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Projekte Israel

Israel – Erzbischof Yousef Matta über die Arbeit in seiner Diözese in Galiläa

Im Rahmen der Karwochenkollekte wird auch die sozialpastorale Arbeit im Erzbistum Galiläa in Israel unterstützt. Erzbischof Yousef Matta berichtet über die Aufgaben und Herausforderungen in seinem Bistum und erklärt, wofür der Beitrag aus der Karwochenkollekte verwendet wird.

Die grossen Pfarreien unserer Diözese in Akko, Haifa und Nazareth organisieren ihre eigenen pastoralen Programme, vor allem zu den grossen christlichen Festen wie Weihnachten und Ostern. Das können Theateraufführungen sein, die für die Festtage einstudiert werden, oder Liederabende, Chorsingen und weitere Aktivitäten. Katechetische Programme für Kinder und Jugendliche und Angebote für Familien und Menschen mit speziellen Bedürfnissen stehen das Jahr über im Vordergrund. Besonders hervorheben möchte ich das Engagement der Pfadfinderinnen und Pfadfinder, die jedes Jahr im Sommer Zeltlager für Kinder anbieten.

An den Hochfesten treffen sich die Pfarreiangehörigen zumgemütlichen Zusammensein im Pfarreizentrum, wie hier an Weihnachten in der Pfarrei Akko.
An den Hochfesten treffen sich die Pfarreiangehörigen zum gemütlichen Zusammensein im Pfarreizentrum, wie hier an Weihnachten in der Pfarrei Akko.

 

Die Präsenz der Basilianer-Salvatorianer-­Mönche in Haifa und die Mitarbeit von Schwestern aus verschiedenen Gemeinschaften hilft uns, den Gläubigen in den Dörfern nahe zu bleiben. Die Ordensschwestern bereiten in vielen Pfarreien Kinder auf die Heilige Kommunion vor und bringen ihnen in der Sonntagsschule die Bibel nahe.

Wir haben fünf melkitisch-katholische Schulen im Bistum mit rund 5000 Schülerinnen und Schülern. Hier wird unter anderem auch das Fach «Christliche Ethik» angeboten. Unsere Schulen benötigen dringend zeitgemässe pädagogische Hilfsmittel und mehr Klassenzimmer, um die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die jedes Jahr aufgenommen werden, bewältigen zu können.

 

Ich höre als Bischof immer wieder, dass die Sicherheit und der Schutz von unseren Gläubigen, vor allem in Städten und Dörfern, wo Christen, Muslime und Drusen zusammenleben, gefährdet ist und es zu gewalttätigen Übergriffen kommt. Die Erfahrung von täglicher Diskriminierung von Christinnen und Christen sowie die angespannte wirtschaftliche Situation, zu wenige Wohnungen für junge Ehepaare und fehlende Arbeitsmöglichkeiten veranlassen viele Familien, Israel für eine bessere Zukunft zu verlassen.

An speziellen Treffen der Leitungspersonen der christlichen Kirchen, des Islam und des Judentums, welche das Innenministerium koordiniert, tauschen sich die Verantwortlichen regelmässig über die drängenden Probleme in der Gesellschaft und im Zusammenleben der Religionen aus. Diese gemeinsamen Begegnungen stärken die guten Beziehungen zwischen allen Beteiligten.

Kinder und Jugendliche stehen nicht nur an den Festen, sondern das Jahr über im Mittelpunkt der pastoralen Arbeit.
Kinder und Jugendliche stehen nicht nur an den Festen, sondern das Jahr über im Mittelpunkt der pastoralen Arbeit.

 

Unser Verhältnis zu der jüdischen Bevölkerung ist generell gut. Wir haben gegen jegliche Gewalt und Aggression gegen die Menschen interveniert, und wir verurteilen jegliches Töten im Krieg und ausserhalb des Krieges, denn wir glauben an das Recht auf Leben und die Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen. Die Finanzierung der Akti­vitäten in unserer Diözese geschieht einerseits durch lokale Beiträge, durch einen kleinen öffentlichen Zuschuss des Ministeriums für Inneres und Religion sowie durch Spenden aus dem Ausland. Der jährliche Beitrag aus der Karwochenkollekte des Schweizerischen Heiligland-Vereins ist für uns eine wichtige Unterstützung, weil wir damit viele pastorale Aktivitäten und Programme in unserer Diözese finanzieren können – etwa die Arbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder, die Unterstützung von bedürftigen Familien und die Finanzierung der christlichen Erziehung und Bildung in Schulen, die keine Unterstützung von der Regierung erhalten.

Meine grösste Sorge ist die Abwanderung der christlichen Bevölkerung aus dem Heiligen Land. Dank Ihrer Hilfe können wir Angebote machen, die die Menschen zum Bleiben motivieren sollen. Vielen Dank für die treue Unter­stützung durch den Schweizerischen Heiligland-Verein.

+ Erzbischof Yousef Matta

Vermerk für Ihre Spende: Sozialpastorale Arbeit in Galiläa

Israel – Sozialpastorale Arbeit des melkitischen Erzbistums Haifa/Akko

Die Karwochenkollekte hat 2022 die melkitische griechisch-katholische Kirche in Israel in ihrer sozialpastoralen Arbeit mit 16 764 Franken unterstützt. Erzbischof Yousef Matta schreibt uns in seinem Jahresbericht: «Wir konnten vielen bedürftigen Familien helfen. Einige Väter hatten ihre Arbeit verloren oder das Haushaltsbudget reichte wegen der hohen Lebens-haltungskosten nicht aus.

Studierenden aus dem Bistum wurde ermöglicht, ihre Ausbildung an Universitäten im Westjordanland fortzusetzen. Für die Jugend wurden spirituelle Tage und Veranstaltungen in verschiedenen Pfarreien veranstaltet, um den Geist des Glaubens zu erneuern und ein christliches Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Im Sommer wurden verschiedene Aktivitäten mehrerer Pfadfindergruppen unterstützt. So konnten wir etwa für die Pfadfinderinnen und Pfadfinder von Zababdeh im Westjordanland neue Musikinstrumente anschaffen. Am 10. Dezember 2022 wurde im Dorf Mugh im Norden des Bistums ein «Tag der Jugend» gefeiert. Da die Gewalt in der Gesellschaft leider zunimmt, wurden in den Schulen Programme organisiert, in denen Schülerinnen und Schüler für gewaltfreie Kommunikation sensibilisiert wurden.

Mit der Karwochenkollekte wird auch die Arbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Galiläa unterstützt.

Mit der Karwochenkollekte wird auch die Arbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Galiläa unterstützt.
Mit der Karwochenkollekte wird auch
die Arbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder
in Galiläa unterstützt.

 

Ein weiteres Projekt ist die multimediale Show ‹Das Vermächtnis›, in welcher die Geschichte der Geburt Christi auf eine neue künstlerische, gesangliche, theatralische und musikalische Weise, voller Kreativität und Spannung erzählt wird. Die Show dauert eineinhalb Stunden und ist ein Erlebnis voller Poesie, das schottische Musik, Gesang, klassische Musik und Rock’n’Roll miteinander verbindet.»

Das Haus Gnade unterstützt armutsbetroffene Familien

Wie eine zweite Familie

 

Fast die Hälfte der arabischen Bevölkerung in Israel lebt laut dem nationalen 
Armutsreport des israelischen Instituts für Versicherungen heute unter der 
Armutsgrenze. Unser Partner «Haus Gnade» in Haifa hat ein Projekt gestartet, das sich speziell an Menschen wendet, die besonders unter der aktuellen Krise leiden. Die Sozialarbeiterin von Haus Gnade, Safaa Salame, berichtet.

Safaa Salame, Sozialarbeiterin im Haus Gnade, und Thomas Shehade, Koordinator für die Lebensmittelverteilung.
Safaa Salame, Sozialarbeiterin im Haus Gnade, und Thomas Shehade, Koordinator für die Lebensmittelverteilung.

Es ist schwer zu begreifen, dass in einem hoch entwickelten Land wie Israel Armut herrscht. Und doch sind 21 Prozent der israelischen Familien und jedes dritte Kind in diesem Land mangelernährt. Die Situation ist für die arabische Gemeinschaft in Israel noch prekärer, da fast 50 Prozent dieses Bevölkerungsteils unter der Armutsgrenze lebt.

COVID-19 hat die israelische Wirtschaft hart getroffen. Der Lebensstandard in Israel ist im Jahr 2020 um 8 Prozent gesunken. Haifa spiegelt die allgemeine Situation wider, wo bereits vor der Pandemie 45,2 Prozent der arabischen Bevölkerung unter Armut litten. Die Situation hat sich seitdem stetig verschlimmert.

Das Nothilfeprojekt von Haus Gnade richtet sich an bedürftige Familien, alleinerziehende, körperlich behinderte, chronisch kranke sowie einsame alte Menschen. Viele Familien haben Schulden und erhalten keine staatliche Hilfe. Haus Gnade unterstützt 250 bedürftige Familien mit Nahrungsmittelspenden, Medikamenten und Kleidern. Für viele Menschen ist Haus Gnade der einzige Ort, wo sie Hilfe erhalten können. Eine alleinerziehende Mutter sagt: «Haus Gnade ist für mich wie eine zweite 
Familie. Es ist der Ort, wo ich immer 
jemanden finde, der mir zuhört, mich unterstützt und mir Ratschläge gibt.»

Safaa Salame, Haifa

Vermerk für Ihre Spende: Nothilfe Haus Gnade

Den Übergang gestalten

Seit Oktober 2019 absolviert Rebecca Spittel ein Praktikum im Haus Gnade in Haifa, das sich für Männer einsetzt, die aus dem Gefängnis entlassen wurden und diese auf ein neues Leben in der Gesellschaft vorbereitet. In folgendem Bericht erzählt Rebecca von ihren Eindrücken, Erfahrungen und Begegnungen in diesem Projekt, das seit vielen Jahren vom Schweizerischen Heiligland-Verein unterstützt wird.

Die Bewohner vom Haus Gnade mit einer Mitarbeiterin auf der Treppe von der alten Kirche

In ihrer Zeit im Haus Gnade gelingt es vielen Männer, die gerade aus der Haft entlassen worden sind, eine Arbeit zu finden. Abends nach der Arbeit kommen sie dann zurück und jeden Tag setzen sich ein paar von ihnen auf Steinstufen vor der alten Kirche und sprechen über ihren Tag, machen Witze oder schweigen bei einem Becher arabischem Kaffee.

Ein Stück Normalität üben

Nach knapp zwei Monaten Arabisch-Sprachkurs kann ich viele von ihnen auf Arabisch begrüssen oder nach den Erlebnissen an ihrem Tag fragen. Ihre Taten, ihre Vergangenheit oder ihre jetzige Situation ist Thema in ihren Therapien und Gesprächen mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und der Workshops im Haus Gnade. Ihre Geschichten sind aber selten Thema in unseren Unterhaltungen und von vielen weiss ich nicht, warum genau sie im Gefängnis waren. Wenn ich mich zu ihnen auf die Treppe setze, sprechen wir über Fussball, über ihre Arbeit oder ihre Familie. Und manchmal meine ich ihnen anzusehen, wie sehr sie dieses Stück Normalität schätzen.

Mörder, Schläger, Diebe, Dealer, Junkies – solche Bezeichnungen begleiten Haftentlassene nach dem Ende ihrer Strafe ihr ganzes Leben lang. In der israelischen Gesellschaft und der konservativen arabischen Community ist das Stigma für Haftentlassene besonders hoch. Arbeits- und Wohnungssuche sind grosse Herausforderungen, genauso wie sich nach Jahren der Haft „draussen“ wieder zurechtzufinden. Ganz praktische Dinge müssen Haftentlassene neu lernen, ein Fahrkarte zu lösen, sich im öffentlichen Verkehr zu bewegen oder die moderne Technik zu nutzen.

Tareks Geschichte 

Das erlebte auch Tarek, der nun nach 21 Jahren im Gefängnis und mehreren Monaten im Haus Gnade kurz vor dem Ende seiner Zeit dort steht. 18 Jahre war er alt, als er zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Aufgewachsen ist er mit 14 Geschwistern in einem kleinen, arabischen Dorf im Norden Israels. Mit 13 Jahren entschloss er sich gegen den Willen seines Vaters die Schule abzubrechen, um seine Familie mit seiner Arbeit finanziell zu unterstützen. Mit 17 Jahren zog er alleine in die nächstgrössere Stadt, Haifa, und arbeitete dort in einer Bäckerei. Mehrfach wurde er auf seiner täglichen Tour von einem Mann belästigt und angegangen, irgendwann griff Tarek zum Messer. Wegen Mordes wurde er zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt.

Zu Beginn war er oft in Isolationshaft. Erst nachdem er in ein anderes Gefängnis verlegt wurde, wurde es besser. Er hielt sich von Konflikten fern und begann eine Therapie. Mit 32 Jahren, nach 14 Jahren im Gefängnis, durfte Tarek aufgrund guten Verhaltens das Gefängnis das erste Mal für einige Tage verlassen. „Es war ein Schock für mich, zu sehen, wie sehr sich die Welt in dieser Zeit verändert hat“, meint Tarek heute. „Und es hat mich motiviert noch härter an mir zu arbeiten.“ Später wurde es Tarek erlaubt tagsüber ausserhalb des Gefängnisses zu arbeiten und nachdem er zwei Drittel seiner Gefängnisstrafe abgesessen hatte, bekam er das Angebot, den Rest seiner Strafe in einem Rehabilitationsprogramm abzuleisten. So kam er nach 21 Jahren Gefängnis zum Haus Gnade nach Haifa.

„Am Anfang war es sehr hart. Ich hatte das Gefühl, dass mich niemand versteht und ich musste mich erst an den neuen Lebensstil gewöhnen“, erzählt Tarek. Die Zeit nach dem Gefängnis ist für viele Haftentlassene schwierig. Haus Gnade begleitet diesen Übergang aus der Haft und möchte eine Reintegration in die Gesellschaft ermöglichen. Arbeit, Wohnung, Kontakt zu Familie und Freunden und persönliche Entwicklung sind entscheidend – auch um einen Rückfall zu verhindern. Trotzdem schafft es nicht jeder nach seiner Zeit im Haus Gnade auch „draussen“.

Respekt – ein Schlüssel für das Zusammenleben

Immer wieder taucht in meinen Gesprächen mit den Strafgefangenen, Mitarbeitenden, Ehemaligen und Gästen, das Wort „Respekt“ auf. „Im Haus Gnade wurde ich respektiert, von den Mitarbeitenden und meinen Mitbewohnern. Ich habe hier gelernt, andere zu akzeptieren und zu unterstützen. Mit anderen respektvoll umzugehen“, meint auch Tarek. Der Umgang mit Konflikten im Kleinen, im täglichen Miteinander, darum geht es auch bei gemeinsamen Projekten, Kochabenden und Workshops.

Das Haus Gnade schenkt Menschen eine zweite Chance, die aufgrund ihrer Taten und ihrer Vergangenheit von der Gesellschaft abgestempelt wurden und es steht allen offen. Da es das einzige Übergangshaus für Araber in Israel ist, sind die meisten der Strafgefangenen christliche oder muslimische Araber. Im Haus aber gehen Juden, Christen, Muslime, Araber und Drusen ein und aus. Wie besonders das ist, wurde mir im Laufe meines Praktikums und meiner Zeit in Israel immer mehr bewusst. Ich erlebe Israel als ein zutiefst gespaltenes Land. Selbst in Haifa, das oft als Beispiel für funktionierende Koexistenz aufgeführt wird, ist es meist eher ein Neben- statt ein Miteinander.

Ein Miteinander ist möglich

Am Schönsten waren für mich im Praktikum die vielen Begegnungen. Nicht immer waren es tiefe Gespräche. Oft Begrüssungen, Kaffee, kurze Konversationen. Manchmal sass ich mit den anderen schweigend auf der Steintreppe, habe nur zugehört, beobachtet oder mitgeschwiegen. Zu erleben wie die Herkunft, Religion oder soziale Gruppe in solchen Momenten an Bedeutung verliert, weckt in mir Hoffnung, dass Miteinander möglich ist.

Rebecca Spittel

 

Spendenvermerk: Haus Gnade, Haifa

Zentrum für christliche Familien in Galiläa

Der Schweizerische Heiligland-Verein nimmt die Herausforderung an. Er unterstützt – dank Ihrer Spende – das Christian Family Center in Haifa. Das Christian Family Center (CFC) bietet zwar seit längerem Brautleute- und Ehekurse an. Aber: das allein genügt nicht. Auch dank dem SHLV kann es in Zukunft mehr anbieten. Und das ist sehr gut so.1

Zwar können sich junge Leute vor ihrer Verlobung und Heirat etwas kennenlernen, doch dann kommt das Zusammenleben, der Alltag. Die Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten in einer ehelichen Beziehung kommen unweigerlich. Das haben Naser Shakour und seine Frau Amira in den vergangenen mehr als 15 Jahren immer wieder erfahren. So wurde ihnen klar: Diese Frauen und Männer, diese jungen Familien müssten intensiv begleitet werden können – mit Gesprächen und Begleitungen. Nun haben sie die Möglichkeit, ein neues Zentrum in Haifa aufzubauen. Der SHLV hilft Naser und Amira Shakour dabei. Wir haben mit Naser Shakour, dem Gründer und Leiter des Christian Family Centers in Haifa, gesprochen.

Naser und Amira Shakour bei Papst Franziskus (Quelle: Naser Shakour, Haifa)
Naser und Amira Shakour bei Papst Franziskus (Quelle: Naser Shakour, Haifa)

 

Naser Shakour, Sie sind – zusammen mit Ihrer Frau Amira – der Gründer des Christian Family Center. Erzählen Sie uns doch von der Geschichte des CFC! Meine Frau und ich begannen im Jahre 2000 als Paar. Uns war es ein Anliegen, christlichen Familien zu helfen. So starteten wir als Erste in Galiläa ein Ehevorbereitungsprogramm, später reisten wir von Dorf zu Dorf, um Paare auf die Ehe vorzubereiten. Im Jahre 2009 bot uns der griechisch-katholisch melkitische Bischof von Galiläa in Haifa einen Raum als Büro an. Meine Frau und ich arbeiten seither dort und bieten Beratungen an. Unsere Adresse ist bekannt, viele kommen von selber zu uns, andere werden von. Priestern verschiedener Konfessionen zu uns geschickt. Wir verlangen kein Geld für all unsere Arbeit. Unseren Unterhalt erarbeiten wir uns in unseren „normalen“ Berufen: ich bin Physiker am Israel Institute of Technology, meine Frau ist Hebamme in einem Spital. Nun sehen wir, dass es an der Zeit ist, nicht mehr nur Familien, sondern auch einzelne Familienmitglieder zu unterstützen und zu stärken, mit einem grösseren Zentrum und mehr Spezialistinnen und Spezialisten.

Nun muss renoviert werden, damit das Zentrum neu eröffnen kann? Wir erhielten vom jetzigen melkitischen Erzbischof von Galiläa eine Wohnung, die wir für unser neues Christian Family Center nutzen können. Dort müssen aber die Decke, aber auch einige Wände erneuert werden. Ebenso braucht es Malerarbeiten und Elektroinstallation.

Wieviele Personen arbeiten im CFC? Arbeiten Sie dort als Freiwillige oder werden Sie bezahlt? Der grösste Teil der Arbeit geschieht weiterhin auf freiwilliger Basis. Im ersten Jahr ihrer Arbeit im CFC erhalten die Freiwilligen kein Geld, vom zweiten Jahr an gibt’s ein Sackgeld. Die Menschen, die bei uns um Rat nachsuchen, werden um eine minimale Bezahlung gebeten, damit wir das Büro unterhalten können. Daneben wird es aber im CFC noch zwei oder drei bezahlte Stellen geben.

Welche Voraussetzungen müssen die freiwillig Mitarbeitenden mitbringen? Wir haben begonnen, ein Team zusammen zu stellen aus Beraterinnen und Beratern, klinischen Psychologinnen und Psychologen, Sozialarbeitenden, Familiencoaches, einem Kirchenrechtler … alle, die bei uns mitarbeiten, haben eine hohe Kompetenz in ihrem Fachgebiet.

Ist das CFC offen für alle christlichen Konfessionen? Wir haben alle christlichen Konfessionen in Israel angeschrieben, also Katholiken, Maroniten, Orthodoxe, Anglikaner und Armenier. Wir sind offen für alle – und Priester aller Konfessionen schicken uns Familien zur Beratung.

Woher kommen die Familien? Sie kommen zu uns aus ganz Galiläa, also aus dem Norden Israels.

Wann wird Ihr Zentrum geöffnet sein? Normalerweise öffnen wir am Nachmittag, es hängt davon ab, wann unsere Freiwilligen kommen können. Andererseits kommen die Ratsuchenden in der Regel im Anschluss an ihre Arbeit. An Freitagen und Samstagen wird es ganztätig offen sein. Ich möchte den Spenderinnen und Spendern des SHLV für ihre Grosszügigkeit von ganzem Herzen danken!

Das Christian Family Center wird getragen vom Griechisch-katholisch melkitischen Bistum Galiläa unter der Leitung von Erzbischof Georges Bacouni. In der Stadt Haifa leben rund 15 000 melkitische Christen, in ganz Galiläa gegen 50 000. Der SHLV nimmt diese Herausforderung an – dank Ihrer Spende!

Spendenvermerk: Christian Family Center, Haifa

Haifa: «Wir sehen die menschliche Seite in ihnen, nicht die des Verbrechers»

Andrea Krogmann: Was ist das «Haus Gnade» heute?

Jamal Shehade: Wir haben drei Schwerpunkte. Erstens die Gefangenenrehabilitation: Für neun Monate leben die entlassenen Gefangenen bei uns, um Fähigkeiten als normative Menschen zu entwickeln. Wir wollen sie stärken für die Rückkehr in die Gesellschaft, in dem wir ihnen helfen, Arbeit zu finden, Probleme wie Schulden zu bewältigen und einen Neuanfang mit der Familie zu schaffen. Anschliessend begleiten wir sie ein weiteres Jahr, während sie ausserhalb leben.

Der zweite Schwerpunkt sind notleidende Familien. Unsere Möglichkeit, sie finanziell zu unterstützen, ist eingeschränkt, aber wir helfen mit Nahrungsmitteln oder Medikamenten. Viel wichtiger ist allerdings die Beratung, bei der die Stärkung des Einzelnen sowie der Familie im Mittelpunkt steht.

Der dritte Schwerpunkt schliesslich ist die Jugendarbeit. Wir bieten Kindern von 7 bis 17 Jahren zahlreiche Nachmittagsaktivitäten und versuchen damit, ihre Persönlichkeiten zu stärken und sie etwa durch Hausaufgabenhilfe in der Schule zu unterstützen. Das Hauptziel ist, dass sie ihre Talente entdecken und Stärken entwickeln können. Sie sollen sehen, dass sie für andere da sein können und dass sie das Recht haben, eigene Träume zu haben und nach deren Erfüllung zu streben.

Wie lässt sich die hohe Erfolgsquote bei der Wiedereingliederung der Gefangenen erklären?

Ein wesentliches Merkmal von „Haus Gnade“ ist die familiäre Atmosphäre. Wir leben zusammen und es herrscht gegenseitiger Respekt. Gleichzeitig gibt es eine Liebe für den Menschen: Wir sehen die menschliche Seite in ihnen, nicht die des Verbrechers. Wir zeigen ihnen, dass wir keine Angst vor ihnen haben und bringen ihnen Vertrauen entgegen. Dadurch übernehmen sie Verantwortung, statt einfach zu tun, was andere sagen. Dazu kommt ein professionelles Team. Alles in allem führt das dazu, dass sie Hoffnung schöpfen und einen neuen Sinn im Leben finden.

Welches sind die grössten Herausforderungen?

Zu den grossen Herausforderungen gehört die Finanzierung, insbesondere dann, wenn wir nicht die volle Unterstützung der Behörden erhalten. Im gegenwärtigen Weltgeschehen mit den unzähligen Problemen liegt der Fokus der Menschen und der Medien nicht mehr so sehr auf dem Heiligen Land. Gleichzeitig gibt es viele Organisationen, die um Unterstützung werben, die Konkurrenz ist gross.
Innergesellschaftlich ist es zudem eine Herausforderung, den Menschen klar zu machen, das unsere Klienten eine zweite Chance verdienen, dass die Familien in Not Unterstützung brauchen usw. Das verständlich zu machen, benötigt viel Kraft.

Interview: Jamal Shehade, Leiter von „Haus Gnade“ in Haifa im Gespräch mit Andrea Krogmann

Spendenvermerk: Haus Gnade – Resozialisierungsprogramm

« Nous voyons l’humain en eux, pas le coupable » (PDF)

HAIFA - Impressionen und Stimmen aus dem Haus Gnade, wo 16 Strafentlassene resozialisiert werden. Ein Film von Christoph Klein

Haifa – Jugendprojekt in „Haus Gnade“

Das Programm für Jugendliche hat sich aus dem Projekt für Familien entwickelt. Bei den Hausbesuchen hat die Sozialarbeiterin festgestellt, dass Kinder trotz der obligatorischen Schulpflicht tagsüber oft zu Hause bleiben. Deshalb entschied das Leitungsteam von „Haus Gnade“ in Haifa im Jahr 2005, ein Programm für Jugendliche zu starten. Sie begannen mit einer Gruppe von 13 Knaben im Alter von 13 Jahren. Zurzeit nehmen über 130 Mädchen und Jungen zwischen 7 und 17 Jahren an verschiedenen Kursen teil.

Kinder aus zerrütteten Familien

Die meisten Kinder kommen aus zerrütteten Familien und erhalten zu Hause keine eigentliche Erziehung. Da sie sich in der Schule nicht konzentrieren können, sind ihre Noten in den meisten Fächern ungenügend. Sie werden deshalb oft ausgelacht und fühlen sich ausgegrenzt. Zu Hause kümmert sich niemand um sie. Deshalb suchen sie die Bestätigung in einer für sie ungeeigneten Umgebung, in Banden oder bei Drogenabhängigen. Es besteht die Gefahr, dass sie von kriminellen Kreisen ausgenützt und später straffällig werden könnten.

„Nacherziehung“

Deshalb bietet „Haus Gnade“ diesen Kindern eine Tages- Ersatzstruktur mit Regeln an. Im Angebot sind schulische Nachhilfestunden, Kurse für Computer, Sprachen, Mathematik und Sport (hauptsächlich Fussball, Turniere mit andern Gruppen).

Regelmässiger Erfahrungsaustausch

Die ausgebildeten Leiterinnen und Leiter tauschen sich nach Abschluss der Kurse regelmässig aus. Zusammen mit den Kindern erarbeiten sie eine Bewertung über Erfolg, Misserfolg und ihr Benehmen.

Die Jugendlichen finden in „Haus Gnade“ einen Ort, wo sie willkommen und angenommen sind und sich entfalten können. Das Ziel ist, ihnen das Wissen und die Erfahrung mitgeben zu können, dass jeder Mensch wertvoll ist und einen Platz in der Gesellschaft verdient.

Dass diese jungen Menschen sich selbst finden und spüren, dass sie nicht nur nehmen, sondern auch geben können, zeigt sich in ihrem Engagement in der Freiwilligenarbeit. Dort haben sie die Möglichkeit, sich bei verschiedenen Hilfsaktionen einzubringen. So werden sie schon früh zu einer wertvollen Stütze in der Gesellschaft.

Spendenvermerk: Jugendarbeit in Haus Gnade

« TEL QUE JE SUIS » Exposition de photos à la « Maison de la Grâce » à Haifa (PDF)

Jerusalem: Schulische Entwicklungshilfe für Jugendliche

Das Kollegium der Gemeinschaft der Schulbrüder vom Heiligen Johannes-Baptist de la Salle in Jerusalem und Beit Hanina wurde 1872 gegründet. Das Gymnasium ist eines der besten in Judäa.

Der Vorsteher, Bruder Anthony Albert Alonzo, stellt uns folgendes Projekt für Studenten mit erheblichen Lernschwierigkeiten vor. Daran können gegen 150 SchülerInnen im Alter von 5 bis 15 Jahren teilnehmen. Wegen ungenügender Finanzen können leider nur knapp 40 Prozent der Notfälle berücksichtigt werden.

Ein Team von internen und externen Experten, Beratern und Lehrern der Schule sucht zusammen mit den Eltern nach den sozialen und familiären Ursachen der Lernschwierigkeiten. Nach einer effizienten Diagnose legen sie Lehrplan und Entwicklungsprogramm sorgfältig und mit viel Einfühlungsvermögen fest. Verhaltensstörungen und emotionale Probleme haben verschiedene Ursachen. So werden unverschuldete Unterentwicklung der mentalen Fähigkeiten, Lernschwierigkeiten im Lesen, Schreiben, Hören, Sprechen, Denken und Rechnen mittels positiver Beeinflussung der Gehirntätigkeiten verringert. Diese Kinder besitzen eine durchschnittliche bis überdurchschnittliche Intelligenz. Doch ihr Gehirn verarbeitet Informationen ungewohnt. Auch soziale Missstände und psychische Störungen durch Traumata können die Lernbehinderung noch verstärken. In Seminaren und Workshops mit Fachleuten werden diese falschen Wahrnehmungen angesprochen, gemeinsam Auswege gesucht und auch gefunden. Ist das Problem aufgedeckt, werden die nötigen Heilungsschritte gemeinsam und mit viel Geduld und Verständnis eingeleitet.

Hervorragende Pädagogen

Die Schulbrüder sind hervorragende Pädagogen. Mit einem neuen Erziehungssystem wurde ihr Gründer 1684 in Frankreich der Vater der Schulklasse und Erfinder der Volksschule mit der Muttersprache in den Unterrichtsfächern. Johannes-Baptist de la Salle errichtete Real-, Berufsund Fortbildungsschulen. Von ihm stammen die Erfolge in der religiösen Heilerziehung. Die Lehrpersonen, ausschliesslich Laien, sollen in ihrem Lehrdienst von einer Ordensgemeinschaft getragen bleiben.

Das spezielle Ausbildungskonzept-Projekt „Schulbrüder de la Salle“ braucht eine Koordinatorin mit einer Gruppe von ausserschulischen, teilzeitlichen Beratern. Dafür benötigen sie zwei Vollzeitlehrpersonen, die das Projekt bis zum Erfolg durchziehen. Die Kosten betragen rund 31000 Euro. Mit einem Grundbeitrag von 70 bis 80% können die Erziehungsprogramme finanziert werden, für die Restsumme würden sie im eigenen Kreis Spender suchen.

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