Ihre Unterstützung hilft uns, weiterzumachen
Die Ereignisse vom 7. Oktober und der anschliessende Gaza-Krieg haben enorme Auswirkungen auf unsere Arbeit in der Handwerkerschule in Bethlehem. Im ersten Kriegsmonat standen wir vor grossen Herausforderungen, was die Teilnahme unserer Schüler am Unterricht in Bethlehem betraf, da die Mobilität aller Palästinenserinnen und Palästinenser im ganzen Westjordanland massiv eingeschränkt und die Strassen unsicher waren. Danach konnten wir den regulären Schulbetrieb wieder aufnehmen. Heute hat sich die Zahl der Lernenden verbessert. Dennoch haben 54 Schüler wegen des Gaza-Krieges die Ausbildung abgebrochen.
Derzeit bieten wir elf verschiedene Ausbildungskurse in den Bereichen Elektrizität, Kfz-Mechatronik, Kfz-Mechanik, Drehen und Fräsen sowie Schreinerei an. Ausserdem gibt es je eine Ausbildung in digitalem Marketing und Grafikdesign für junge Frauen. In diesem Jahr haben wir insgesamt 200 Schüler in regulären Kursen und 100 Schüler in Kurzzeitkursen. Nach Abzug der Abbrecher werden diesen Sommer 240 Studierende abschliessen. Aufgrund der aktuellen Situation wird es jedoch keine Abschlussfeier geben. Wir beschäftigen neun Vollzeit- und Teilzeitlehrkräfte.
In den letzten Jahren waren viele Arbeitsmöglichkeiten in Israel angesiedelt, wodurch die palästinensische Wirtschaft stärker von der israelischen Wirtschaft abhängig wurde. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten sind seit dem 7. Oktober verschwunden. Die Arbeitslosenquote im Westjordanland hat 45 Prozent erreicht, davon ist der grössere Anteil Frauen. Mit den jüngst von Israel verhängten Kollektivstrafen und der Annullierung von Arbeitsbewilligungen werden diese Zahlen noch weiter steigen.
Einem kürzlich veröffentlichten UN-Bericht zufolge ist das BIP im Westjordanland und im Gazastreifen im ersten Monat des Krieges um 4 Prozent gesunken. Der Krieg und seine Auswirkungen haben mehr als 400 000 Menschen in Palästina in die Armut getrieben. Schätzungen zufolge sind bis 31. Januar 2024 in Israel und den palästinensischen Gebieten aufgrund des aktuellen Konflikts 507 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Davon entfallen 201 000 Arbeitsplätze auf den Gazastreifen und 306 000 Arbeitsplätze auf das Westjordanland. Trotz dieser schwierigen Bedingungen wollen wir unsere Arbeit in der Handwerkerschule fortsetzen. Ihre Unterstützung ermöglicht uns, die laufenden Kosten zu decken und einen Teil der unbezahlten Schulgebühren jener Auszubildenden zu übernehmen, die in der aktuellen Situation nicht in der Lage sind, sie zu bezahlen.
+ Marwa Diarbakerly
Vermerk für Ihre Spende:
Handwerkerschule in Bethlehem
Tony Ballout (35) Direktor der Schule
Im Moment leidet unsere Lehrtätigkeit unter der eingeschränkten Bewegungsfreiheit unserer Schülerinnen und Schüler zwischen den Städten im Westjordanland und unter den gestiegenen Transportkosten. Dennoch hoffen wir, die Zahl der eingeschriebenen Schüler im kommenden Schuljahr erhöhen zu können. Wir haben festgestellt, dass die Beschäftigungschancen und die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt für Absolventen einer Berufsausbildung höher sind als für Hochschulabsolventen. Wir haben auch festgestellt, dass sich das Sozialverhalten unserer Lernenden seit COVID-19 merklich verändert hat. Viele junge Menschen leiden unter psychischen und
sozialen Problemen und haben vermehrt Mühe, sich in die Gesellschaft einzufügen. Als Institution sind wir stets bestrebt, unsere Angebote auszubauen und unsere Dienstleistungen zu verbessern. Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler inspirieren und ihnen die technischen Fähigkeiten vermitteln, die sie auf dem Arbeitsmarkt brauchen.
Muath Al Sakakiya (33) Dozent für Elektrizität und erneuerbare Energien
Die Handwerkerschule hat sich durch neu gegründete Partnerschaften mit externen Akteuren weiterentwickelt. Durch diese Verbindungen können wir aktuelle und gefragte Ausbildungsprogramme anbieten, etwa für erneuerbare Energien. Es gibt unterschiedliche Niveaus bei den Lernenden. Es gibt einige mit hervorragenden Noten, aber auch solche mit schlechten Leistungen. In diesem Jahr hatte ich einen Schüler mit einer Hörbehinderung, der Jahrgangsbester wurde. Angesichts der instabilen politischen und wirtschaftlichen Lage, in der wir hier leben, haben wir Angst vor der Zukunft. Unsere Aufgabe ist es, die uns anvertrauten jungen Leute so gut wie möglich zu unterstützen.
Nakhleh Makhlouf (29) Automechaniker und Autotronic-Ausbildner
Ich habe erst vor kurzem angefangen, an der Schule zu arbeiten. Ich bin motiviert und unsere Labors sind gut ausgestattet. Die Präsenz der Schüler war zu Beginn des Schuljahrs gut, ist seit dem 7. Oktober aber stark beeinträchtigt. Die meisten Schüler, die sich für Automechanik angemeldet haben, sind gering qualifiziert. Wir wenden viel Mühe und Geduld auf, um mit ihnen zu arbeiten und ihnen bestmöglich zu helfen. Die Hälfte von ihnen kommt aus Flüchtlingslagern, und ihr Leben dort ist schwierig. Unsere Hoffnung ist es, den Lernenden eine gute Ausbildung zu ermöglichen.
Hussam Tayseer Mohamad Hajahjeh (19) Auszubildender Elektroniker, im ersten Jahr
Ich komme aus dem Dorf Tqou’ im Süden von Bethlehem, wo es nur wenige Arbeitsmöglichkeiten gibt. Zurzeit arbeite ich in einem Friseursalon im Flüchtlingslager Shofat, das in einer HUB-Zone liegt. Die Arbeitsmöglichkeiten sind nicht stabil. Die Zukunft ist für mich ungewiss, wir leben jeden Tag in einer anderen Situation. Ich hoffe, dass sich unsere Lage verbessern wird und wir bald frei und ohne Einschränkungen arbeiten können.
Yousef Fayez Khalil Sa’ed (18) Elektroniker, im zweiten Jahr
Ich komme aus Ortas Village in der Nähe von Bethlehem. Der Arbeitsmarkt bietet derzeit nur begrenzte Möglichkeiten. Früher waren die Möglichkeiten grösser und ich konnte leicht einen Job finden. Im Moment habe ich keine Arbeit. Nach meiner Ausbildung könnte ich als Elektroniker arbeiten. Die derzeitige Situation ist nicht gut, und ich glaube nicht, dass die Lage nach dem Krieg wieder so sein wird wie vorher.
Fares Salahat (32) Elektroniker, im zweiten Jahr
Es gibt Arbeit für Elektroniker. Bevor ich hierherkam, um zu studieren, habe ich im Niederspannungsbereich gearbeitet, ohne ein Zertifikat zu haben. Wir sind sehr auf Elektrizität angewiesen, denn sie ist überall um uns herum: bei der Arbeit, in unseren Wohnungen und in Fabriken. Die meisten Maschinen und elektrischen Geräte werden im medizinischen Bereich, in der Lebensmittelindustrie und im Sicherheitsbereich eingesetzt. Ich habe mich an der Handwerkerschule eingeschrieben, weilsie für ihre gute Qualität der Dienstleistungen und Lehrmethoden bekannt ist und ich meine Fähigkeiten weiterentwickeln will. Im Moment habe ich einen Job. Ich arbeite für die Regierung, versuche aber, mein Einkommen mit Aufträgen als Elektroniker zu verbessern.