Alltag im Krieg – über Verlust und Hoffnung

Der melkitische Bischof Jean-Clément Jeanbart schreibt: „Ich komme gerade von einer Amerika-Reise. In Aleppo erwartete mich der grosse Schock. Der Bischofssitz ist zerstört, die Kathedrale stark beschädigt! Die Gebäude wurden vor über 200 Jahren errichtet und erst vor wenigen Jahren renoviert. Ich kann Ihnen meinen Schmerz und meine Trauer ob dieser Katastrophe nicht beschreiben. Ich bin nur froh, dass alle meine Priester unverletzt und in Sicherheit sind.

Der Angriff der Rebellen fand einen Tag nach der Gedenkfeier zum Genozid an den Armeniern statt. Ein Bombenhagel ging auf unsern Stadtteil nieder, in dem viele Christen leben und zahlreiche Kirchen stehen. Seit zwei Wochen sind meine Priester und Mitarbeitenden daran, möglichst viel aus den Trümmern zu bergen. Ich kümmere mich um die Archive, die Ikonen, Manuskripte, um alles, was wertvoll, wichtig und unersetzbar ist. Seit zwei Tagen versuche ich, zu Atem zu kommen und stark zu sein, damit ich den Menschen um mich herum Mut zusprechen kann. Doch Sie verstehen bestimmt, dass ich unter diesen Umständen nicht so funktioniere, wie ich eigentlich sollte. Ich gebe mein Bestes, um für die Priester und die Gläubigen da zu sein; ich spüre, dass sie mehr denn je Nähe und Schutz brauchen.

Meine Räume sind kaputt, das Sekretariat ausser Betrieb, die Verwaltungs- und Büroarbeiten funktionieren nur mangelhaft. Also muss ich dringend neue Büros finden, meine Dossiers wieder herstellen und mich so rasch wie möglich organisieren. Die Situation ist schwierig und verlangt von uns allen grosse Flexibilität.“

Und dann beschreibt er noch den momentanen Alltag. „Am letzten Sonntagmorgen habe ich eine Trauerfeier für einen Mitarbeiter gehalten. Ein Märtyrer mehr. Am Nachmittag habe ich an einer Gedenkfeier an einer unserer Schulen teilgenommen. Der Herr hat mir geholfen, tröstende Worte für die verwundeten Herzen zu finden und ihnen Mut zuzusprechen. Heute Abend besuchen wir ein Konzert mit byzantinischen Gesängen. Hoffentlich gibt es nicht wieder Angriffe, wie wir sie seit Ostern immer wieder erleben.

Wir bezahlen unsere Anwesenheit in unserem geliebten Land sehr teuer. Doch wir wissen auch, dass, wenn denn Frieden einkehrt und die Freiheit gewonnen ist, die Zukunft für die jüngeren Generationen besser sein wird. Doch bis dahin fallen weiterhin jeden Tag Bomben vom Himmel.

Wir wissen nicht, wann dieser so sehr erhoffte Frieden kommen wird. Darum bitten wir den Herrn, denn seine Liebe und Barmherzigkeit sind unaussprechlich gross. Bitte beten Sie mit uns – Ihre Gebete sind uns eine grosse Unterstützung.“ Die Situation in diesem schwer geprüften Land ist katastrophal, die Nachrichten deprimierend. Trotz allem halten die Menschen zusammen, kämpfen ums Überleben, ihre Heimat, ihr Erbe und ihre Zukunft. Wir dürfen sie nicht alleine lassen. Zeigen wir ihnen unsere ungebrochene Solidarität, indem wir sie finanziell, mit unsern Gedanken und im Gebet unterstützen.

Spendenvermerk: Solidarität für Aleppo

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