Ausbildungsprogramm in Minia – Lernen durch Mittun

Das Lehrstellenprojekt der St. Mark Development, dem Sozialwerk der koptisch-orthodoxen Kirche im ägyptischen Minia, startete 1986 mit einem Programm für arbeitslose, junge Erwachsene. Zu Beginn des Projekts wurden eine Reihe von Werkstätten eingerichtet und die Auszubildenden in bestimmten Berufen geschult. Heute werden keine gemeinsamen Schulungen mehr durch­geführt. Die Auszubildenden absolvieren ein Praktikum in einem privaten Unter­nehmen oder werden von einer Fachperson vor Ort ausgebildet. Der Projektleiter Raif Hennawi berichtet.

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Nach einem Praktikum können die Auszubildenden dank eines kostenlosen Darlehens ein eigenes Geschäft gründen

Am Anfang bildeten wir die jungen Leute in eigenen Werkstätten und gemeinsamen Berufsgruppen aus. Im Laufe der Zeit machten wir die Erfahrung, dass zu viele Berufsabgänger aus einem Dorf im gleichen Berufsfeld ausgebildet wurden und nicht alle eine Arbeitsstelle fanden. Zudem stellte sich heraus, dass eine grössere Zahl von Teilnehmenden die Kurse nur besuchten, um am Schluss kostenlos Werkzeuge mit nach Hause nehmen zu können, die wir ihnen zur Verfügung stellten.

Neues Konzept

Heute werden keine gemeinsamen Schulungen mehr durchgeführt, sondern die einzelnen Auszubildenden aus jeder Gemeinde machen je ein Praktikum in einem privaten Geschäft oder werden durch eine Fachperson vor Ort in einem Handwerk angeleitet. Nach einer Anlernzeit von 120 Tagen haben die jungen Leute die Möglichkeit, zinslose Dar-lehen zu erhalten, um eigene, kleine Unternehmen zu gründen. Die Frauen und Männer, die 2013 und 2014 an unserem Ausbildungsprogramm teilnahmen, wurden in 15 verschiedenen Berufsfeldern geschult. Während der Ausbildungszeit müssen die Teilnehmenden einen Semestertest und nach der Ausbildung einen Abschlusstest absolvieren. Die Absolventinnen und Absolventen erhalten vom Arbeitsministerium ein offizielles Zertifikat, einen Ausweis und die Erlaubnis, den erlernten Beruf auszuüben. Danach können sie entweder in ihrem Ausbildungs-betrieb weiterarbeiten, sich mit anderen Absolventinnen und Absolventen zusammentun oder ein eigenes Unternehmen starten, wofür sie ein zinsloses Darlehen erhalten können.

Zusammenarbeit mit dem SHLV

Wir sind sehr dankbar für die Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Heiligland-Verein, die im Juni 2011 begann. Später und danach unterstützte der SHLV die Programme, die Klein-kredite für armutsbetroffene Familien und für arbeitslose Jugendliche bereitstellt. Hier erwerben arbeitslose und unterbeschäftigte junge Erwachsene handwerkliche Fähigkeiten, um später mit einer qualifizierteren Arbeit ein eigenes Einkommen zu erzielen.

Beispiele für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt

Mohamed Aref Ramadan, 26 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, wohnt in Meschta, einem Dorf 20 Kilometer nördlich von Minia City. Vor der Ausbildung jobbte er als ungelernte Hilfskraft in einem Restaurant. 2013 machte er eine Ausbildung zur Wartung von Handys. Er bestand die Tests und schloss die Schulung erfolgreich ab.

Nach dem Abschluss arbeitete Mohamed mit seinem Kollegen Emad zusammen, der mit ihm die gleiche Schulung erhielt. Die beiden starteten ein Unternehmen zur mobilen Wartung, zum Verkauf von Ersatzteilen und Zubehör. Laut Mohamed ist sein monatliches Einkommen mit durchschnittlich 2000 ägyptischen Pfund (rund CHF 120.–) deutlich gestiegen.

Marian Malak Farid, 30 Jahre alt, alleinstehend, lebt in Towa, einem Dorf 15 Kilometer westlich von Minia City. Vor der Ausbildung arbeitete sie als ungelernte Verkäuferin im Handel mit konfektionierter Kleidung. 2013 liess sie sich als Coiffeuse ausbilden, bestand die Prüfungen und schloss die Ausbildung erfolgreich ab. Heute betreibt Marian einen Coiffeurladen im Haus ihrer Eltern. Später erweiterte sie das Geschäft mit einem Mietservice für Brautkleider. Laut eigenen Angaben ist ihr monatliches Einkommen mit durchschnittlich 1000 ägyptischen Pfund deutlich gestiegen. Neben einem saisonalen Zusatzeinkommen von 2500 ägyptischen Pfund.

Girgis Ghattas Ayoub, 29 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, vor der Ausbildung ledig, wohnt in Beni Mahamde Shaarawi, 20 Kilometer südöstlich von Minia City. Vor der Ausbildung war er als ungelernter Gelegenheitsarbeiter tätig, Girgis erhielt 2013 eine Ausbildung als Keramikfliesenleger, bestand die Tests und schloss die Ausbildung erfolgreich ab. Nach der Ausbildung entwarf Girgis eine eigene Kollektion von Keramikfliesen und bildet heute eigene Lehrlinge aus. Laut Girgis ist sein monatliches Einkommen mit durchschnittlich 4000 ägyptischen Pfund deutlich gestiegen.

+ Raif Hennawi, Projektleiter St. Mark, Minia

 

Spendenvermerk: Lehrstellenprojekt St. Mark, Minia

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