«Bait Anya» in Bagdad – Die Alltagsrealität bleibt trist…

Lusia Shammas und ihr Ehemann Naseem Asmaroo empfingen uns, Andreas Baumeister und Ludwig Spirig-Huber, an einem Sonntagabend im Herbst zum Gespräch. Wir trafen zwei ausserordentlich engagierte Menschen an, engagiert in ihrem Beruf als Seelsorgende in der katholischen Kirche der Region Yverdon. Und nicht nur: ihre Gastfreundschaft, die wir erleben durften, war grossartig. Ihre Präsenz und ihr Engagement sind für die Menschen im Irak, aber auch für uns hier in der Schweiz, ein Zeichen der Hoffnung.

Menschen halten zusammen – überlebensnotwendig im Irak

Lusia Shammas ist die erste katholische Armeeseelsorgerin der Schweiz, ihr Ehemann Naseem Asmaroo wurde am 25. November dieses Jahres zum ersten chaldäisch-katholischen Priester für die Schweiz geweiht. Wir sprachen über ihr Engagement in ihrem Herkunftsland Irak, vor allem über das Projekt «Bait Anya» in Bagdad, das auch vom Schweizerischen Heiligland-Verein unterstützt wird.

Lusia Shammas, Naseem Asmaroo, wie schätzt Ihr die aktuelle Situation im Irak, insbesondere in Bagdad, ein?

Die Situation im Land ist im Augenblick nicht sehr dramatisch, aber sehr kompliziert. Seit dem Eindringen des IS im Juni 2014 in das Staatsgebiet des Iraks herrscht ein Bürgerkrieg, der bis heute andauert. Belastend für die Einheit des Staates ist auch das Unabhängigkeitsreferendum der Kurdinnen und Kurden. Wenn sich das kurdische Gebiet für unabhängig erklärt, kann dies zu einem weiteren kriegerischen Konflikt führen. Politik ist im allgemeinen eine Angelegenheit der irakischen Politikerinnen und Politiker, zu denen sich auch Christen zählen. Unsere Freundinnen und Freunde in Bagdad erzählen uns, dass sich das alltägliche Leben schwierig gestaltet, besonders auch wegen der Gefahr von terroristischen Anschlägen.

Öffentliche Dienstleistungen sind wegen der starken Belastungen durch den Bürgerkrieg eingeschränkt. Die Alltagsrealität bleibt trist. Vor allem die ärmere Bevölkerung ist immer mehr auf Hilfeleistungen, etwa aus Europa, angewiesen. Es sind dies vor allem die Menschen, die keine Angehörigen haben.

Könnt Ihr von eurem Hilfsprojekt «Bait Anya» erzählen, das Ihr unterstützt?

«Bait Anya» ist eine Initiative einer mutigen Frau aus unserem Bekanntenkreis. Ein Projekt, das eine Antwort auf die besondere Not von Menschen am Rand zu geben versucht: Kranke Frauen und Frauen, die aus den Familien verstossen wurden, Menschen, die auf der Strasse leben, denen niemand mehr hilft. «Bait Anya» nimmt diese Menschen kostenlos auf, egal welcher Religion oder Volksgruppe sie angehören. Das Projekt wird seit 2004 von unserem Hilfswerk Basmat al-Qarib unterstützt. Das Haus wird von acht angestellten Personen und weiteren Freiwilligen geführt. Die Menschen erhalten medizinische und psychologische Hilfe, haben ein Dach über dem Kopf und bekommen ausreichend zu essen.

Könnt Ihr etwas über die Gründung von «Bait Anya» erzählen?

1994 entstand eine christliche Gruppe von Freiwilligen, die sich «Liebe ist ein Geschenk» nannte. Diese Gruppe besuchte kranke Menschen in Spitälern und zu Hause. Diese Gruppe konnte schon bald ein Haus mieten, wo Frauen in besonders schwierigen Lebenssituationen wohnen konnten. Im Jahr 2000 erhielt diese Einrichtung den Namen «Bait Anya» und wurde vom Gesundheitsministerium offiziell als gemeinnützige Institution anerkannt. Ein Jahr später stellte eine reiche Familie ein Wohnhaus für die Dauer von zehn Jahren mietfrei zur Verfügung, so dass Platz für 52 Frauen war. Hier leben alte, von Armut oder häuslicher Gewalt betroffene Frauen. Nach Ablauf dieser Zehnjahresfrist konnte eine neue Unterkunft gefunden werden, wo nun zusätzlich auch Flüchtlingsfrauen, die Opfer des Bürgerkriegs gegen den IS sind, aufgenommen werden. Heute leben 62 Bewohnerinnen im «Bait Anya». Das Hausteam unterstützt zusätzlich fünfzig Familien in Not, die in Bagdad leben.

Spendenvermerk Bait Anya, Bagdad

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