«Centre Al-Mukhales» in Homs

Ihr macht das, was wir nicht zu machen wussten – In Syrien herrscht seit mehr als sechs Jahren ein Krieg, der unglaubliches Leid und Zerstörung gebracht hat. 8 Millionen Männer, Frauen und Kinder wurden als Binnenflüchtlinge gezählt. 4,5 Millionen Menschen leben in belagerten und schwer zugänglichen Gegenden. 1,5 Millionen Menschen wurden verletzt, 250 000 getötet – Zahlen, die schon längst wieder überholt sind. Niemand hat mehr einen (nicht einmal statistischen) Überblick über all das Leid, das über die Menschen in Syrien seit dem 15. März 2011 hereingebrochen ist.

Seither erreichen uns unzählige auch sehr widersprüchliche Bilder aus diesem Land: auf der einen Seite lachende Kinder (siehe auch auf der Rückseite dieses Heftes), andererseits zerbombte Städte, verzweifelte Menschen. P. Magdi Seif, Jesuit in Homs, sagt: «Die Situation ist völlig unklar und verwirrend. Dein Freund von heute kann morgen schon dein Feind sein.» Und: jedes Bild aus Syrien ist Teil der Wahrheit.

P. Magdi Sejf ist ein alter Bekannter des SHLV. Bereits in Ägypten, seiner vorherigen Arbeitsstätte, war er in ständigem Kontakt mit dem Heiligland-Verein. Nun wirkt er in der momentan einigermassen ruhigen Stadt als Nachfolger von P. Ziad Hilal SJ.

… aber dann wirkte die Mundpropaganda!

Homs ist die drittgrösste Stadt in Syrien und hat eine Million Einwohner. Das «Centre Al-Mukhales» (Saint-Sauveur) wurde von den Jesuiten als Katechismus-Zentrum gegründet und wird von den Schwestern vom Heiligen Kreuz geführt. Zu Beginn des syrischen Bürgerkrieges entstand der Wunsch, den Kindern von Homs, die darum baten, weiterhin Schulunterricht zu geben und ihnen dabei den Gedanken von Frieden und Versöhnung nahezubringen. Im April 2012 wurde das «Centre Al-Mukhales» zu einem Ort der Bildung und der psychosozialen Unterstützung.

Anfangs kamen nur einige Jugendliche aus dem Quartier, aber dann wirkte die Mundpropaganda. Mit Unterstützung des Flüchtlingshilfsdienstes der Jesuiten (Jesuit Refugee Service – JRS) startete das Pilotprojekt mit 100 Kindern, kurz danach bereits mit 400 – und dies inmitten einer Kampfzone. Inzwischen gibt es elf eigene oder unterstützte Zentren in Homs und den umliegenden Dörfern, die insgesamt 3500 Kinder betreuen.

Hinaus zu den Familien

Die Arbeit ging weiter, über das Zentrum hinaus zu den Familien: Nahrungsmittelpakete werden verteilt, warme Kleider, Medikamente für Vertriebene und die Menschen aus den Quartieren. Momentan unterstützt der JRS jeden Monat mehr als 3000 Familien alleine in der Region von Homs. Dies dank einer Gruppe von 50 Freiwilligen und Angestellten, die Familien besuchen und ihre Bedürfnisse festhalten, Nahrungsmittel und Waren einkaufen und die Verteilung an die Bedürftigen sicherstellen. Auch die Bildungseinrichtungen erhalten Nahrungsmittel, Kleider für die Kinder, Schulmöbel und was sie sonst noch brauchen.

Lebensunterricht!

Die von Anfang an wichtigste Frage war, was den Kindern vermittelt werden sollte. Zu Beginn fand der klassische Schulunterricht statt, doch dieser wurde sehr schnell mit dem «Lebensunterricht» ergänzt, bei dem mittels Gesang, Theater oder Marionettenspielen den Kindern Nächstenliebe und Respekt vor dem andern nähergebracht werden. Diese Aktivitäten gingen auch während der Angriffe weiter. Gab es Beschiessungen, wechselten die Verantwortlichen mit den Kindern in den Keller, drehten die Musik auf, sangen und tanzten mit ihnen.

Viele junge Menschen haben ihre Arbeit verloren. Sie zu beschäftigen heisst, ihren Geist wach zu halten, ihnen ein Leben in Würde und ein Einkommen zu geben und damit ihre Familien zu unterstützen. Es sind mehr als 200 junge Männer und Frauen beschäftigt, aus allen Schichten und Glaubensrichtungen. Sie haben verschiedene Aufgaben und jede(r) erhält Ende des Monats einen Lohn.

Die Menschen sprechen wieder miteinander!

Dank diesem Projekt sind zahlreiche Flüchtlinge zurückgekehrt. In einigen Familien haben sich die Diskussionen verändert, Familienväter sagen: «Ihr macht das, was wir nicht zu machen wussten». Bei einem Schulfest nach Einführung des Unterrichts kamen alle Familien zusammen: Schiiten, Sunniten, Alawiten, Christen, um ein paar trockene Biskuits zu teilen. Es war ein einfacher Anlass, doch es war das erste Mal, dass die Menschen miteinander sprachen. Dieses Projekt ist ein Zeichen der Hoffnung in einer Stadt, die Frieden und Sicherheit sucht und davon träumt, eines Tages voller Liebe für sich und andere da zu sein.

Spendenvermerk: Zentrum Al-Mukhales, Homs

 

Mehr zum Zentrum Al-Mukhales in Homs.

P. Ziad Hilal SJ, der lange Zeit in Homs wirkte, hat vor vier Jahren die Generalversammlung des SHLV in Luzern besucht und über seine Arbeit berichtet.
Den von Christoph Klein für uns produzierten Film finden Sie hier.

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