Die Menschen in Alma-Chaab leben im Grenzbereich

«Mehr als sieben bewaffnete Konflikte ereigneten sich seit 1948 in unserer Region,» sagt Pater Maroun Y. Ghafari, der Pfarrer der maronitischen Pfarrei von Alma-Chaab. Das kleine christliche Dorf liegt ganz im Südwesten des Libanons, unweit der israelischen Grenze. Im Herbst 2019 flammten erneut landesweite Proteste auf gegen Parlament, Regierung und Präsident. In dieser andauernden Ausnahmesituation kümmert sich Pater Maroun vor allem um die Schwächsten seiner Gemeinde: chronisch Erkrankte, mittellose Witwen und viele Kinder, die sich eine Schulbildung nicht leisten können. Der Schweizerische Heiligland-Verein unterstützt dieses Engagement mit Mitteln aus dem Karwochenopfer.

«Gerade jetzt ist die Situation im ganzen Land wieder sehr gefährlich,» schreibt uns der maronitische Pfarrer im Oktober. Viele Menschen demonstrierten im Libanon gegen Ungerechtigkeit, Armut und Korruption. Immer wieder würden Strassenblockaden errichtet, Pneus verbrannt. Die Schulen seien seit Tagen geschlossen. Die Region des Südlibanons ist wegen der Nähe zur israelischen Grenze ohnehin seit Jahrzehnten ständigem Druck der verschiedenen Konfliktparteien ausgesetzt: der schiitischen Hisbollah-Miliz, der libanesischen Armee und dem israelischen Militär. Die dramatischen Wunden der verschiedenen Libanonkriege (1975–90, 1982, 2006) sind auch im christlichen Dorf Alma-­Chaab noch immer sicht-, vor allem aber spürbar – «die Menschen erwarten auch jetzt weder Versöhnung noch Frieden», konstatiert Pater Maroun. Immerhin würden die Menschen dank der FINUL, der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon, und der libanesischen Armee in einer Art «Waffenstillstand» leben.

Toni M. musste wegen seiner Diabetes-Erkrankung ein Bein amputiert werden. Er ist bei seiner Schwester Alice untergekommen und wegen der Behandlungs- und Pflegekosten dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

 

Keine Zukunftsaussichten
Die Paroisse Notre Dame gehört zur maronitischen Diözese Tyrus und liegt ganz in der Nähe der Kleinstadt Naqura, wo sich seit 1978 das FINUL-Hauptquartier befindet. Dort haben auch einige Menschen aus Alma-Chaab Arbeit gefunden und ihre Familien können davon ganz gut leben. Allerdings hat die FINUL seit 2013 keine neuen Mitarbeitenden mehr angestellt. Die grosse Mehrheit der Dorfbevölkerung lebt von den spärlichen Einkünften aus den Oliven­hainen und von den kargen Böden. Viele junge Menschen sehen deshalb ihre Zukunft nur noch in der Migration in eine libane­sische Stadt oder ins Ausland. Andere aber sind vor kurzem erst nach Alma-­Chaab gekommen: Derzeit leben rund 120 syrische Flüchtlinge im Dorf und helfen bei der Landarbeit, beim Hausbau und als Haushaltshilfen, wie Pater Maroun berichtet.

Verschiedene Hilfsprojekte für die Ärmsten der ohnehin armen Bevöl­kerung im Südlibanon gehen auf die Initiative der deutschen Ordensfrau Sr. Waltraud Marian zurück. Pfarrer Ghafari führt diese Hilfe mit engagierten Helferinnen und Helfern in vier Bereichen weiter: Jeden Montag kommt eine vierköpfige medizinische Equipe – darunter im Moment auch ein französischer FINUL-Militärarzt – ins Pfarrhaus und führt kostenlose Konsultationen durch. Bei den jährlich bis zu 800 medizinischen Beratungen werden – je nach Umständen der Patientinnen und Patienten – Medikamente zu reduziertem Preis oder gratis abgegeben. Auch um chronisch kranke Menschen kümmert sich Pater Maroun, zum Beispiel um den zuckerkranken Toni M., der wegen seiner Krankheit von Frau und Kindern verlassen wurde und nun bei seiner verwitweten Schwester Alice lebt. Manchmal, schreibt Pfarrer Ghafari, reichen 300 US-Dollar nicht zur Deckung der monatlichen Behandlungs- und Pflegekosten.

Viele mittellose Familien könnten sich die Schule für ihre Kinder nicht leisten, wenn das Schulgeld nicht dank Spenden reduziert oder ganz übernommen würde.

 

Witwen und Waisen sind besonders bedroht
Dreimal jährlich verteilt die Pfarrei Nahrung, Kleidung, Wäsche und einen finanziellen Zustupf (80 bis 200 US-Dollar) an über 20 armutsbetroffenen Familien. Viele Witwen und Waisen sind nach dem Tod der Ehemänner und Väter auch in ihrer materiellen Existenz bedroht. Auch unverheiratete Frauen sind im Südlibanon von Altersarmut betroffen – zum Beispiel die 88-jährige Marta S., die viele Jahrzehnte hart gearbeitet hat. Im Alter muss sie viel Geld für ihre angeschlagene Gesundheit ausgeben, dafür hat sie auch ein vom Vater geerbtes Stück Land verkauft. Nun ist sie ständig auf Sauerstoff angewiesen und braucht Tag und Nacht eine Hilfe im Haus. Ein dritter, wichtiger Bereich ist die Schulbildung, die im Libanon vom Staat kaum oder gar nicht finanziert wird. Während Jahren hat ein Wohltäter aus dem Dorf das Schulgeld für zehn Schülerinnen und Schüler bezahlt, deren Eltern sich die Schule nicht leisten konnten. Durch weitere Spenden konnte für 40 bis 60 Schülerinnen und Schüler das Schulgeld reduziert werden. Wegen wirtschaftlicher Einbussen im arabischen Raum habe der Wohltäter vor zwei Jahren seine Unterstützung ein­gestellt, schreibt Pater Maroun, auch die vielen Einzelspenden seien stark zurückgegangen. Deshalb ist im Moment gerade der Bildungsbereich dringend auf ausländische Hilfe angewiesen.

Nothilfe an der Pfarrhaustür
Im vierten Bereich, der Nothilfe, geht es laut Pfarrer Ghafari jeweils um sofortige Unterstützung bei kleiner und grosser akuter Not – «wenn Menschen an die Pfarrhaustür klopfen und um Hilfe bitten.»

+Boris Schlüssel, Oberwil bei Zug

 

Hilfe aus der Schweiz
Der Schweizerische Heiligland-Verein unterstützt die Arbeit von Pater Maroun Y. Ghafari in Alma-­Chaab regelmässig mit Mitteln aus dem Karwochenopfer. Vor kurzem wurden 5000 Franken aus dem Notfallkonto überwiesen und ermöglichten die Reduktion des Schul­geldes für 27 Schülerinnen und Schüler, darunter Waisen und syrische Flüchtlingskinder, wie uns Pfarrer Ghafari schreibt. Er dankt infiniment im Namen all jener, die ihre Dankbarkeit für die Hilfe aus der Schweiz ausdrücken möchten. Wer die Hilfs­projekte von Pater Maroun unterstützen möchte, kann seine Spende an den Schweizerischen Heiligland-Verein überweisen.

Spendenvermerk: Sozialarbeit, Alma-Chaab

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