Hoffnung für die Kinder von Homs
Homs ist die drittgrösste Stadt in Syrien und hat eine Million Einwohner. Das „Centre Al-Mukhales“ (Saint-Sauveur) wurde von den Jesuiten als Katechismus-Zentrum gegründet und wird von den Schwestern vom Heiligen Kreuz geführt. Es liegt in Al-Adwya nahe beim Stadtzentrum und ist die einzige verbliebene von vorher fünf Einrichtungen.
Anfang 2011, im Zuge des Arabischen Frühlings, brach in Syrien ein blutiger Konflikt aus: inmitten der Zivilbevölkerung bekämpfen sich seither zwei gegnerische Parteien. Dieser Konflikt hat das Leben aller durcheinandergebracht. Homs war während des erstens Jahres am stärksten von den Kampfhandlungen und Bombardierungen betroffen, und sie dauern an. Gegen 70 Prozent der Bevölkerung flohen aus Homs, und die meisten Schulen wurden geschlossen.
So entstand der Wunsch, den Kindern von Homs, die darum baten, weiterhin Schulunterricht zu geben und ihnen dabei den Gedanken von Frieden und Versöhnung nahezubringen. Im April 2012 wurde das «Centre Al-Mukhales» zu einem Ort der Bildung und der psychosozialen Unterstützung. Anfangs kamen nur einige Jugendliche aus dem Quartier, aber dann wirkte die Mundpropaganda. Mit Unterstützung des Flüchtlingshilfsdienstes der Jesuiten (JRS) startete das Pilotprojekt mit 100 Kindern, kurz danach bereits mit 400 – und das inmitten einer Kampfzone. Inzwischen gibt es elf eigene oder unterstützte Zentren in Homs und den umliegenden Dörfern, die insgesamt 3500 Kinder betreuen.
Aus der Arbeit mit den Kindern heraus entstand die materielle Hilfe für Familien. Es werden Nahrungsmittelpakete verteilt, warme Kleider, Medikamente für Vertriebene und die Menschen aus den Quartieren. Momentan unterstützt der JRS jeden Monat mehr als 3000 Familien alleine in der Region von Homs. Dies dank einer Gruppe von 50 Freiwilligen und Angestellten, die Familien besuchen und ihre Bedürfnisse festhalten, Nahrungsmittel und Waren einkaufen und die Verteilung an die Bedürftigen sicherstellen. Auch die Bildungseinrichtungen erhalten Nahrungsmittel, Kleider für die Kinder, Schulmöbel und was sie sonst noch brauchen.
Die von Anfang an wichtigste Frage war, was den Kindern vermittelt werden sollte. Zu Beginn fand der klassische Schulunterricht statt, doch dieser wurde sehr schnell mit dem „Lebensunterricht“ ergänzt, bei dem mittels Gesang, Theater oder Marionettenspielen den Kindern Nächstenliebe und Respekt vor dem andern nähergebracht werden. Diese Aktivitäten gingen auch während der Angriffe weiter. Gab es Beschiessungen, wechselten die Verantwortlichen mit den Kindern in den Keller, drehten die Musik auf, sangen und tanzten mit ihnen.
Vor dem Konflikt führten die Jesuiten zwei Heime für behinderte Kinder. Beide wurden zerstört. Doch sie gaben nicht auf und betreuen heute erneut 35 junge geistig Behinderte, die zusammen mit den andern Schülerinnen und Schülern in einer schönen und friedlichen Atmosphäre leben.
Viele junge Menschen haben ihre Arbeit verloren. Sie zu beschäftigen heisst, ihren Geist wach zu halten, ihnen ein Leben in Würde und ein Einkommen zu geben und damit ihre Familien zu unterstützen. Es sind mehr als 200 junge Männer und Frauen beschäftigt, aus allen Schichten und Glaubensrichtungen. Sie haben verschiedene Aufgaben und jede(r) erhält Ende des Monats einen Lohn.
Dank diesem Projekt sind zahlreiche Flüchtlinge zurückgekehrt. In einigen Familien haben sich die Diskussionen verändert, Familienväter sagen: „Ihr macht das, was wir nicht zu machen wussten“. Bei einem Schulfest zwei Monate nach Einführung des Unterrichts kamen alle Familien zusammen: Schiiten, Sunniten, Alawiten, Christen, um ein paar trockene Biskuits zu teilen. Es war ein einfacher Anlass, doch es war das erste Mal, dass die Menschen miteinander sprachen. Dieses Projekt ist ein Zeichen der Hoffnung in einer Stadt, die Frieden und Sicherheit sucht und davon träumt, eines Tages voller Liebe für sich und andere da zu sein.
P. Ziad Hilal SJ schreibt über die letzten paar Wochen: „Homs ist nicht mehr sicher. In den letzten zwei Monaten hat sich die Situation in unserer Stadt stark verändert, sie kommt nicht mehr zur Ruhe. Anfangs Juni explodierte eine Bombe wenige Meter vom Eingangstor unseres Zentrums entfernt, es gab in der Nachbarschaft Tote und zahlreiche Verletzte. Etwas später schlugen in der Nähe Granaten ein und anfangs Juli gingen in der Einkaufsstrasse Autobomben hoch. Die Altstadt wird weiterhin belagert, und es wird gekämpft. Die Zerstörung ist unbeschreiblich gross. Niemand kommt mehr rein, niemand kann mehr Hilfe bringen, auch das Rote Kreuz ist gescheitert. Wir fühlen uns ohnmächtig; alles, was wir tun können, ist, den Kontakt zu halten und allen Mut und Geduld zuzusprechen.
Die humanitäre Arbeit geht trotzdem weiter. In den letzten zwei Monaten konnten mehr als 5000 Familien mit Lebensmitteln und anderem mehr versorgt werden.
Die Kinder zeichnen ihre Heimat wie sie in Zukunft aussehen könnte oder sollte. Träumen bedeutet Hoffnung haben, und dies drücken sie auch durch Theater, Gesang und Handarbeiten aus. Die Kinder überwinden die Gewalt der Erwachsenen und gestalten ein leuchtendes Morgen. Ein Grundvertrauen, nach dem sich die Erwachsenen zurücksehnen.“
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