Oberägypten – Kindern und Jugendlichen eine zweite Chance geben
Kinder in den Dörfern in Oberägypten, besonders Mädchen, leiden unter eingeschränkten Bildungsmöglichkeiten – und Zugang zu medizinischer Hilfe. Einige werden nicht eingeschult und andere müssen die Schule nach wenigen Jahren verlassen. Dies führt zu einer immer grösseren Armut in den betroffenen Familien. Darunter leiden vor allem Mädchen, die früh verheiratet werden und jung Kinder bekommen, unter einem weiteren Armutsrisiko.
Unsere Partnerorganisation AUEED baut daher in Oberägypten so genannte Parallelschulen für aus dem offiziellen Schulsystem gefallene Kinder auf. Dina Raouf bittet uns, acht solche Parallelschulen in Assiut und Sohag zu unterstützen, damit 300 Kinder im Alter von neun bis 14 Jahren während eines Jahres eine nichtformelle Bildung in einer lernförderlichen Umgebung erhalten. Der Unterricht findet an fünf Tagen in der Woche statt. Hier sollen sie sich entwickeln können, Dialogfähigkeit erlernen und Lebenskompetenzen und handwerkliche Fertigkeiten erwerben. Sie sollen ihre grundlegenden sozialen, wirtschaftlichen und bürgerlichen Rechte kennen und erlangen und an der Entwicklung ihrer Gemeinschaften teilnehmen können. Zudem werden die Kinder medizinisch gecheckt und erhalten wo nötig Medikamente, insbesondere gegen Anämie; mit einer angemessenen und gesunden Ernährung kann ihre Gesundheit verbessert werden.
In zwölf Monaten können Kinder und Jugendliche ohne Schulbildung ein vereinfachtes Primarschulprogramm durchlaufen.
Die wirtschaftliche Lage hat sich in Ägypten weiter angespannt. In der Covid19-Pandemie mit zahlreichen Todesfällen und Entlassungen verloren viele Familien ihre Ernährer oder Ernährerinnen. Der Ukraine-Krieg liess die Preise für Getreide hochschnellen und trieb die Inflationsrate im Juni 2023 auf beinahe 36 Prozent in die Höhe. Die Parallelschulen durchbrechen den Teufelskreis der Armut, indem sie durch Bildung und Gesundheitsförderung die Hauptursachen von Armut bekämpfen. Gemäss dem UNDP-Bericht 2021 tragen Bildungsdefizite mit 53 Prozent und Gesundheitsmängel mit 40 Prozent zur Entstehung von Armut in Ägypten bei. Der Index der mehrdimensionalen Armut (MPI) misst verschiedene Indikatoren im Bereich der Bildung wie Anzahl der besuchten Schuljahre, Anwesenheit in der Schule und der Gesundheit wie Kindersterblichkeit und Qualität der Ernährung sowie den Lebensstandard – vorhandenes Brennmaterial zum Kochen, Zugang zu Sanitäreinrichtungen, zu sauberem Wasser und Elektrizität sowie Boden und Besitz. Personen, die einen Mangel in 20 bis 30 Prozent der gemessenen Kategorien aufweisen, gelten als «von Armut gefährdet» und jene Personen, welche in mehr als 50 Prozent einen Mangel aufweisen, leben in «ernsthafter Armut».
AUEED gibt durch die Parallelschulen den Kindern, die nie zur Schule gingen oder frühzeitig ausschieden, eine zweite Chance auf Bildung und Lebenserziehung. Diese nicht formellen Bildungsinitiativen werden von den Dorfgemeinschaften getragen. Die erste Parallelschule wurde von dem tschechischen Mönch Eugene 1986 im Dorf Bayadeya in Mallawi eingerichtet. In seiner Freizeit versammelte er die Kinder des Dorfes in einem alten Gebäude, um sie im Lesen und Schreiben zu unterrichten. AUEED unterstützte den Versuch und lieferte ihm eine Schultafel und andere Materialien. Diese Art der nicht formellen, gemeinschaftlichen Bildung inspirierte viele andere Organisationen wie UNICEF, NCCM und das Erziehungsministerium.
AUEED bittet den Schweizerischen Heiligland-Verein, acht solche Parallelschulen in Dörfern in den Provinzen Assiut und Sohag für zwölf Monate ab Juli 2023 zu unterstützen. Insgesamt 300 Kinder sollen in dieser Zeit ein vereinfachtes Primarschulprogramm durchlaufen und handwerkliche und lebensfördernde Tätigkeiten erlernen. Helfen Sie durch Ihre Spende mit, die Armutsspirale zu durchbrechen und diesen Kindern eine zweite Chance zu einem selbst bestimmten Leben zu geben.
Hans Rahm
Vermerk für Ihre Spende:
Parallelschulen gegen die Armut