Weihnachten im Nahen Osten

Mosaik der Geburt Christi in der Paulus-Kathedrale in Harissa (Libanon)

Das Fest der Geburt von Jesus Christus, ist am 25. Dezember, und die heiligen drei Könige kamen am 6. Januar, um das Jesuskind zu verehren. Dies ist das landläufige Verständnis von Weihnachten. Doch wann Jesus von Nazareth geboren ist, haben die Evangelisten nicht festgehalten.

Wahrscheinlich zu Beginn des 4. Jahrhunderts entstand in Alexandrien das Epiphanie-Fest. Die alexandrinischen Christen deuteten das Fest des hellenistischen Gottes Aion um zum Fest der Erscheinung des Herrn. Dieses Ideenfest in der Nacht zum 6. Januar verband die Geburt Christi, die Verehrung durch die Magier, die Taufe im Jordan und das Weinwunder auf der Hochzeit zu Kanaan.

Die Menschwerdung Gottes zu feiern war die liturgische Antwort auf die Irrlehre des Arianismus, der in dieser Zeit entstand. Der alexandrinische Priester Arius ordnete Jesus Christus Gott dem Vater unter und leugnete die Wesensgleichheit. Patriarch Athanasios von Alexandrien verteidigte den auf dem Konzil von Nicäa formulierten Glauben an Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch.

Bei Deiner Taufe im Jordan, Herr, wurde die anbetungswürdige Dreifaltigkeit geoffenbart. Denn des Vaters Stimme zeugte für Dich, da sie Dich nannte den geliebten Sohn, und der Geist in Gestalt einer Taube bekräftigte die Gewissheit des Wortes. Christus, Gott, der erschien und die Welt erleuchtet, Ehre sei Dir!

Troparion am 6. Januar im byzantinischen Ritus

Kondakion

Du bist heute dem Erdkreis erschienen und Dein Licht ist über uns aufgeleuchtet. Voll Erkenntnis singen wir Dir: Gekommen bist Du, bist erschienen, unzugängliches Licht.

In Rom hat etwa zur gleichen Zeit das Geburtsfest Christi das römische Fest der Geburt der unbesiegten Sonne am 25. Dezember abgelöst. Kaiser Aurelian hatte 274 diesen personifizierten Sonnenkult als römischen Staatskult eingeführt, um alle Völker des römischen Reiches untereinander zu verbinden. Die römischen Christen gaben dem Festtag einen neuen Sinn und feierten stattdessen den geschichtlichen Christus, «die Sonne der Gerechtigkeit» (Mal 3,20) und «das Licht zur Erleuchtung der Heiden» (Luk 2,32). In der römischen Stadtliturgie lässt sich das Weihnachtsfest am 25. Dezember erstmals für das Jahr 336 nachweisen.

Von Rom aus verbreitete sich das Weihnachtsfest zunächst im lateinischen Abendland und erreichte ein halbes Jahrhundert später auch den griechischen Orient, wo bereits am 6. Januar das Epiphanie-Fest die Geburt und die Taufe Jesu Christi feierte. Gregor von Nazianz führte das Weihnachtsfest um 380 in Konstantinopel ein und Johannes Chrysostomos 386 im syrischen Antiochien. Im Gegenzug übernahm der lateinische Westen das Epiphanie-Fest am 6. Januar. Nur die armenische Kirche, die schon ausserhalb des Einflussgebiets lag, übernahm das Weihnachtsfest nicht, sondern feiert am 6. Januar Geburt und Taufe Jesu Christi.

Weihnachtstropar im byzantischen Ritus

Deine Geburt, Christus, Gott, hat der Welt das Licht der Erkenntnis aufstrahlen lassen. Damals wurden die Gestirnverehrer von einem Stern belehrt, Dich anzubeten die Sonne der Gerechtigkeit und Dich den Aufgang aus der Höhe zu erkennen. Herr, Ehre sei Dir.

Kondakion 3. Ton

Heute gebiert die Jungfrau den Überseienden und die Erde gewährt dem Unzugänglichen eine Höhle. Engel lobsingen mit den Hirten, Weise ziehen mit einem Stern. Denn für uns wurde das Kind neugeboren. Der urewige Gott.

Der Weihnachtszeit geht im Osten eine 40-tägige Fastenzeit voraus. Die Fastenregeln mit Verzicht auf Fleisch, Fisch und Milchspeisen sind recht streng. Im Westen hat das Konzil von Trient mit anderen liturgischen Reformen die Adventszeit auf 4 Wochen verkürzt.

Doch warum feiern verschiedene Kirchen im Osten Weihnachten erst am 7. Januar? Diese Kirchen benutzen den alten julianischen Kalender, den Julius Caesar inspiriert vom ägyptischen Kalender eingeführt hat. Der julianische Kalender geht in 4 Jahrhunderten 3 Tage nach. 1582 liess daher Papst Gregor XIII. 10 Tage ausfallen und erweiterte die Schaltjahrregel. Seither sind 3 weitere Schalttage (1700, 1800 und 1900) im gregorianischen Kalender gegenüber dem julianischen ausgefallen. Daher fällt der julianische 25. Dezember derzeit auf den gregorianischen 7. Januar. Einige orthodoxe Kirchen wie die griechische haben die Kalenderreform mit der Zeit übernommen; andere wie die russisch-, die serbisch- und die georgisch-orthodoxe Kirche, sowie auch die koptische und die syrische Kirche hielten an ihrem alten liturgischen Kalender fest.

Auch die Bräuche rund um Weihnachten unterscheiden sich im Nahen Osten. Das von Franz von Assisi propagierte Krippenspiel hat sich im Osten nicht verbreitet. Die Vorbereitungszeit auf Weihnachten wird von der Fastenzeit geprägt. Die Kommerzialisierung der Adventszeit ist zwar durch die westlichen Filme bekannt, der Geschenkedruck ist jedoch nicht bekannt. Die Kinder bekommen neue Kleider, die dann am Weihnachtsfest-Gottesdienst erstmals getragen werden.

Hans Rahm

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