Pfarrer Dr. Leo Häfeli – Pionier der Gründerzeit des Heiligland-Vereins

Der «Verein Schweizerischer Jerusalempilger» verhalf dem späteren Stadtpfarrer von Baden zu seiner ersten Forschungsreise ins Heilige Land. Eine Seminararbeit beleuchtet DDr. Leo Häfeli (1885-1948), sein Leben und sein Wirken – ein hochbegabter «Orientalist» und eine spannende Persönlichkeit aus den Anfängen des Schweizerischen Heiligland-Vereins.

DDr. Leo Häfeli (1885-1948)

Am 18. April 1885 kam im aargauischen Klingnau der kleine Leo zur Welt. Über seine Kindheit und Jugend «in bürgerlichen Verhältnissen» ist wenig bekannt – sicher aber ist, dass der begabte Junge das Gymnasium mit Auszeichnung abschloss. Danach folgte das Theologiestudium in Freiburg im Breisgau und in Tübingen. Bereits mit 23 Jahren wurde Leo Häfeli zum Priester geweiht und trat seine erste Stelle als Pfarrhelfer in Bad Zurzach an.

Sprachgenie mit zwei Doktortiteln

Neben seiner kirchlichen Laufbahn als Priester und Seelsorger war Häfelis Leben aber stets ebenso stark bestimmt von seiner Faszination und Leidenschaft für die Sprachen und Kulturen des «alten Orients». Hervorragende Kenntnisse in Arabisch, Assyrisch, Griechisch, Hebräisch und Syrisch sowie kompetenten Gebrauch von Latein, Englisch und Französisch attestiert ihm Damian Troxler in seiner Seminararbeit, die er im Sommer 2022 am Departement für Zeitgeschichte der Universität Fribourg eingereicht hat. Da verwundert es nicht, dass Leo Häfeli nach seiner Pfarrhelfer-Zeit gleich zwei Doktortitel erworben hat: in Philosophie in Tübingen und in Theologie in Freiburg im Breisgau. Seine ersten Publikationen befassten sich mit Samaria und Peräa. Häfeli forschte und schrieb über diese Landstriche im «Heiligen Land», ohne je dort gewesen zu sein.

Ein grosser Traum geht in Erfüllung

Dass der junge Geistliche längst von einer ausgedehnten Forschungsreise in den Nahen Osten träumte, lässt sein Wechsel ans Päpstliche Bibelinstitut in Rom erahnen. Leider zerschlugen sich die weit gediehenen Pläne bald durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges – der Schweizer musste in seine Heimat zurückkehren, wo er als Pfarrer in Würenlos wirkte. Schliesslich verhalf ihm ein vom «Verein Schweizerischer Jerusalempilger» – dem heutigen Heiligland-Verein – vermitteltes Stipendium zur ersten Reise «nach dem Morgenlande», wie Häfeli in seiner Publikation «Ein Jahr im Heiligen Land» begeistert und dankbar festhielt: «…dass es mir vergönnt war, … meine seit bald zwanzig Jahren betriebenen orientalischen Studien fast ein ganzes Jahr lang durch unmittelbaren Augenschein zu vertiefen…»

Auch Vermittler zwischen den Kulturen

Nach diesem «Forschungsjahr» folgten einschlägige Publikationen im Jahrestakt – etwa über Cäsarea am Meer, Flavius Josephus, Syrien und den Libanon. Häfelis Forschungen erregten über Europa hinaus Aufmerksamkeit und brachten ihn schliesslich als Privatdozent an die Universität Zürich. Nun mehr als – ebenso geschätzter und umtriebiger – Stadtpfarrer von Baden dozierte er in Zürich Syrisch, Palästinensisch-Arabisch und über die Kultur des Heiligen Landes zur Zeit Jesu. Damian Müller zeigt schlüssig auf, dass Leo Häfelis Sicht auf Länder und Menschen des Nahen Ostens nicht vorschnell mit dem negativen Etikett «Orientalismus» (stereotype, westlich «beschränkte» Wahrnehmung der kulturellen Vielfalt) abqualifiziert werden darf. Dass das Urteil differenzierter ausfallen muss, beweisen die Zeilen der Israelitischen Kultusgemeinde Baden über den allzu früh verstorbenen Stadtpfarrer: «… dessen Menschenliebe und Herzensgüte keinen Unterschied unter den Konfessionen kennt».

 

Boris Schlüssel

 

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